Bodensee weniger tief als bisher angenommen

Zwei Jahre lang hat ein Forscherteam den Bodensee neu vermessen und kartiert. Jetzt liegen die Ergebnisse vor: Demnach ist der See weniger tief als bisher angenommen. Rätsel geben zahlreiche runde Strukturen auf, die erst noch erforscht werden müssen.

Im Rahmen des Projekts „Tiefenschärfe - hochauflösende Vermessung Bodensee“ wurde zwischen 2013 und 2015 ein detailgetreues, dreidimensionales Geländemodell des Seebeckens erstellt. Dazu wurde der See mit Hilfe eines Fächerecholots und eines Laserscanners genau vermessen. Das Forschungsschiff „Kormoran“ fuhr zu diesem Zweck seit April 2013 5.500 Kilometer über den See, weitere Messungen wurden von einem Flugzeug aus unternommen.

Bodenseevermessung 2015

igkb

„Kormoran“ legte für die Vermessungen rund 5.500 km zurück

Unerwarteter Formenreichtum

Die Ergebnisse wurden am Freitag präsentiert. So manche Überraschung war mit dabei: So ist der See mit 251,14 Metern an seiner tiefsten Stelle um rund zwei Meter weniger tief als bisher angenommen (253,55 Meter). Entlang des Schweizer Ufers fand das Forscherteam außerdem zwischen Romanshorn und Güttingen im Kanton Thurgau zahlreiche unbekannte Erhebungen. Deren Entstehen soll von Taucharchäologen geklärt werden.

Bodenseevermessung 2015

igkb

Flachwasserzone am Rohrspitz

Rätsel gaben unbekannte runde Strukturen entlang des Ufers des Gnadensees und vielfältige kraterartige Pockmark-Strukturen an den Hängen des Sees auf. Der Boden selbst weist laut den Forschern einen nicht erwarteten Formenreichtum auf: So wurden Canyons, Hügel, Flussläufe und Hangrutsche entdeckt. Deren Analyse könnte Hinweise auf jahrtausendealte seismische Aktivitäten liefern. Erstmals genau vermessen wurden auch sogenannte Megarippel. Dabei handelt es sich um Hunderte Meter lange, aber nur einige Zentimeter hohe Unterwasserdünen.

„Auf völlig neue Weise kennengelernt“

Projektkoordinator Martin Wessels zeigte sich am Freitag hocherfreut über die Ergebnisse: „Wir haben den Bodensee auf völlig neue Weise kennengelernt und sind auf viele spannende Details gestoßen.“ Laut Elmar Zech, dem Vorsitzenden der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB), liefern die gewonnenen Daten einen langfristigen Beitrag zu Natur- und Denkmalschutz, zur Gefahrenabwehr sowie zum Gewässerunterhalt am Bodensee.

Bodenseevermessung 2015

igkb

Der Bodensee ist um zwei Meter weniger tief als bisher angenommen

Basierend auf den Tiefenschärfedaten wurden bereits zwei Nachfolgeprojekte eingeleitet. Das Projekt „Seezeichen“ erforscht die bei der Echolotmessung entdeckten Grundwasseraustritte auf dem Seeboden und will sie bis März 2018 lokalisieren und charakterisieren. „HyMoBioStrategie“ untersucht seit April die Auswirkungen der Veränderungen in der Uferzone durch den Menschen. Auch Behörden, Institutionen und die Wasserwirtschaft würden davon bereits profitieren.

612.000 Euro für Vermessung

Das Projekt „Tiefenschärfe - hochauflösende Vermessung Bodensee“ lief zwischen 2013 und 2015. Die Datendichte betrug das 100.000- bis 1.000-Fache der letzten Vermessung 1990. Schon in den vergangenen Jahren hatten Teilergebnisse ein großes mediales Echo erfahren. So meldete das Forscherteam schon im August letzten Jahres, Löcher und Unterwasserquellen entdeckt zu haben - mehr dazu in Forscher orten Unterwasserquellen. Im Jahr davor war das Wrack des 1933 versenkten Raddampfers „Helvetia“ gefunden worden - mehr dazu in Forscher entdecken Schiffswrack im Bodensee.

Die Kosten der neuerlichen Vermessung beliefen sich auf 612.000 Euro, die aus Mitteln des EU-Regionalprogramms Interreg IV und von den beteiligten Ländern - Österreich, Deutschland und der Schweiz - finanziert wurden. Die IGKB fungierte als Träger des Projekts „Tiefenschärfe“.

Links: