Fixierung am Bett wegen Personalmangels

Die Patientenanwaltschaft des Instituts für Sozialdienste (IfS) kritisiert die angespannte Personalsituation in der Psychiatrie am Landeskrankenhaus (LKH) Rankweil. Patienten müssten teilweise bis zum späten Vormittag am Bett fixiert bleiben, weil sich niemand um sie kümmern könne.

Wer als Psychiatriepatient nicht freiwillig ins LKH Rankweil gebracht wird, dem steht die IfS-Patientenanwaltschaft zur Verfügung. Sie passt auf, dass die Rechte des Patienten gewahrt bleiben - auch wenn bestimmte Zwangsmaßnahmen angewendet werden müssen. Dazu gehört etwa eine Ausgangs- oder Besuchssperre, eine medikamentöse Behandlung gegen den Willen des Patienten oder die Fixierung am Bett. Jeden Tag kommen etwa drei Patienten so ins LKH Rankweil. Die Fälle, die die Patientenanwaltschaft beschäftigen, werfen zum Teil kein gutes Bild auf die Versorgungssituation.

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Im Video zu sehen: Christian Fehr (IfS-Patientenanwalt), Beitrag von Karin stecher, Reinhard Mohr, Bernhard Torghele

Akutes Personalproblem in Gerontopsychiatrie

In der personalintensiven Gerontopsychiatrie, in der ältere Menschen mit psychischen Problemen behandelt werden, ist das Personalproblem besonders akut, sagt IfS-Patientenanwalt Christian Fehr. Vorarlberg muss mit einem schlechteren Personalschlüssel auskommen als andere Bundesländer - das habe der Rechnungshof in seinem Bericht über das Psychiatriekonzept des Landes bestätigt.

Diese angespannte Personalsituation stehe auch in direktem Zusammenhang mit mehr Zwangsmaßnahmen, sagt Fehr. So würden etwa in der Gerontopsychiatrie sturzgefährdete Patienten, die nicht beaufsichtigt werden können, mitunter mit Bauch- und Fußgurt fixiert, bis es möglich sei, dass die Grundpflege durchgeführt werde und eine Aufsicht gewährleistet sei.

Zum Teil hätten Zwangsmaßnahmen um mehrere Stunden verlängert werden müssen, sagt Fehr. In der Praxis habe es Fälle gegeben, bei denen Patienten morgens bis 11.00 Uhr warten mussten, bis das Pflegepersonal Zeit für sie aufbringen konnte.

Fleisch: Zwangsmaßnahme im Sinne des Patienten

Das Streitthema der Patientenfixierung sei so alt wie die Psychiatrie selbst, sagt der Direktor der Krankenhausbetriebsgesellschaft, Gerald Fleisch. Am LKH Rankweil bestehe ein völlig korrekter Personalschlüssel. Dass es bei sturzgefährdeten Patienten gerade in der Rushhour manchmal Probleme gebe, sei ihm bewusst.

Die Entscheidung für eine Zwangsmaßnahme treffe man aber immer im Sinne des Patienten, damit dieser sich nicht verletze. Dass der Personalschlüssel in der Vorarlberger Psychiatrie niedriger sei als in anderen Bundesländern, stimme, das sei aber kein Versorgungsproblem. Mehr Personal bringe nicht automatisch auch mehr Qualität, sagt Fleisch.

Bernhard: Situation bisher nicht bekannt

Gesundheitslandesrat Christian Bernhard (ÖVP) sagte gegenüber Radio Vorarlberg, er sei überrascht von dieser Aussage. Die Situation sei ihm so nicht bekannt gewesen. Er habe bereits Kontakt mit Fleisch aufgenommen. Wenn Patienten bis zum späten Vormittag wegen Personalmangels fixiert bleiben müssten, sei das nicht zu akzeptieren. Das müsse man sofort ändern.

Zwangseinweisungen durch Polizei erschwert

Schwieriger geworden ist laut IfS-Patientenanwalt Fehr auch die Situation mit Patienten, die von der Polizei zwangseingewiesen werden. Denn die Gemeindeärzte in Bregenz und Feldkirch haben dahingehend ihre Verträge gekündigt. Es sei zwar im Gesetz vorgesehen, dass bei Gefahr im Verzug - also in Situationen, in denen man nicht warten könne - die Polizei selbst die Patienten ins Krankenhaus bringen könne. Im vorigen Jahr habe sich die Zahl solcher Fälle verdoppelt, so Fehr. Befürchtet werde, dass die „Gefahr-im-Verzug-Einweisungen“ noch weiter zunehmen.

Laut Patientenanwalt seien diese Probleme beim Land seit einem Jahr bekannt - eine Lösung zeichne sich aber nicht ab.

Sprickler-Falschlunger: „Gewaltmaßnahme für Notfall“

Als „Gewaltmaßnahme nur für den äußersten Notfall“ bezeichnet SPÖ-Gesundheitssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger die Fixierung von Patienten am Bett. Sie zieht die Krankenhausbetriebsgesellschaft und den zuständigen Landesrat Bernhard in die Pflicht. Beide würden Rede und Antwort stehen müssen, ob sie sie wirklich nichts über die Zustände auf der gerontopsychiatrischen Abteilung im LKH Rankweil gewusst hätten: „Sollte einer der beiden gewusst haben, dass aufgrund des Pflegepersonalmangels Patienten angebunden werden, hat er jedenfalls auch die Konsequenzen zu tragen“, so Falschlunger.

Gefragt werden müssten auch der Abteilungsvorstand und die Pflegeleitung, wann und ob sie Personalanforderungen an die Krankenhausbetriebsgesellschaft gestellt haben. Es dürfe nicht sein, dass hier wie vor Jahren beim Pflegeskandal unter Landesrätin Greti Schmid (ÖVP) monatelang vertuscht und schöngeredet wurde, bevor endlich auf Druck der Opposition Verbesserungen erfolgt seien. Bernhard müsse unabhängig von der Aufklärung jetzt sehr rasch handeln und die Situation bereinigen, indem er ausreichend Personal bereitstellte.

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