Kritiker von „Andre Chenier“ begeistert

Die Oper „Andre Chenier“ von Umberto Giordano hat am Donnerstag ihre diesjährige Premiere gefeiert. Die Kritiker sind überwiegend begeistert, die Inszenierung sei durch kleine Veränderungen noch besser als im Vorjahr.

Mit „Andre Chenier“ wurde eine im letzten Jahr vielfach umjubelte Produktion mit einem spektakulären Bühnenbild wieder aufgenommen. Obwohl bis kurz vor Beginn die Zeichen an der Wetterfront noch eher schlecht standen, blieb es während der zweistündigen Premiere trocken. Viel Applaus gab es für alle Beteiligten, vor allem aber für Hector Sandoval in der Titelrolle und Tatiana Serjan als Maddalena di Coigny - mehr dazu in Wetterglück für „Andre Chenier“.

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Video: Schlussszene der Oper

Auch die Kritiker lobten die Premiere - teils gar mit großer Begeisterung. Die ORF-Kulturredaktion fragte nach der Premiere vier Opernkritiker von verschiedenen Medien, die „Andre Chenier“ bereits ihm Vorjahr auf der Seebühne gesehen haben. Die einhellige Meinung: Eine hervorragende Inszenierung, die in diesem Jahr noch besser ist als im vergangenen. Besonderes Lob gilt der Sopranistin Tatiana Serjan in der Rolle der Maddalena di Coigny.

Midou Grossmann: „Grandios“

freie Kritikerin, u.a. „Klassik.com“ und „Neue Zeitschrift für Musik“

„So etwas von grandios“ - lautet das Fazit der Kulturkritikerin Midou Grossmann. Man habe die Strukturen klarer herausgearbeitet, am Licht gearbeitet und die Regie für die vielen Gruppen auf der Bühne sei vollkommen ausgefeilt. Dadurch habe man die Handlung in diesem Jahr besser verfolgen können. „Im letzten Jahr war es ein bisschen düster, da haben sie ganz extrem dran gearbeitet. Die Handlung ist jetzt so etwas von dramatisch“, so Grossmann, die „Andre Chenier“ zu ihren Lieblingsopern zählt.

„Ich bin dankbar, dass man dieses Werk hier in dieser Art und Weise der großen Masse der Musikliebhaber präsentiert“, sagt sie und lobt die Hauptdarsteller in den höchsten Tönen: „Bregenz hat drei Besetzungen, die Weltklasse sind“. Andere Häuser würden die Oper gar nicht mehr spielen oder bekämen nicht einmal die Hauptrollen für eine einzige Besetzung zusammen. Eine bessere Sängerin als Tatiana Serjan in der Rolle der Maddalena di Coigny finde man weder an der Mailänder Skala noch an der Metropolitan Opera in New York, so Grossmann, die auch ein besonderes Lob für Dirigent Ulf Schirmer und die Wiener Symphoniker ausspricht.

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Video: Grossmann im Interview mit Annette Raschner

Markus Thiel: „Oper passt nach Bregenz “

„Münchner Merkur“

Markus Thiel vom „Münchner Merkur“ hat nur kleine Veränderungen bemerkt, insgesamt aber eine Verstärkung erlebt. „Wenn es eine Oper geben sollte, die nach Bregenz passt, dann ist es diese“, sagt Thiel. Es sei zu spüren, dass sich die Sänger wohl fühlen.

Besonders gefallen hat auch ihm Sängerin Tatiana Serjan: "Sie hat eine dramatische Stimme, die sehr gut ist für diese Partie. Das ist vielleicht genau das, was Héctor Sandoval (Anm.: Darsteller des „Andre Chenier") nicht ganz hat. Ich könnte mir vorstellen, dass er, wenn er die Oper in einem Opernhaus singen würde, vielleicht Schwierigkeiten hätte. Hier in Bregenz hilft ihm ein wenig die Mikrofon-Anlage, aber die Emphase, die von ihm überspringt, gleicht das alles wieder aus“, so Thiel.

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Video: Thiel im Interview mit Annette Raschner

Reinmar Wagner: „Tolle Hauptdarsteller“

„Musik und Theater“

Auch der Schweizer Kritiker Reinmar Wagner ist mit der Inszenierung zufrieden, auch wenn er die „gleichen Vorbehalte hat wie im vorigen Jahr“. So komme etwa der Einbruch der Revolution zu „lärmig“ daher. Großes Lob hat er für die beiden Hauptdarsteller übrig - und ist auch von Hector Sandoval begeistert: „Ein toller Tenor, der machen kann, was er will, der aus dieser Partie an Farben und Ausdruck alles herausholt, was möglich ist und das auch gut macht, mit Können und Leidenschaft.“

Ähnlich sei das auch bei der weiblichen Hauptdarstellerin, Tatiana Serjan: „Sie hat viele Möglichkeiten im sängerischen Ausdruck, die Stimme ist wandelbar. Sie macht viel aus ihrer Partie, obwohl sie wenig Arien zu singen hat.“ Einzig den Darsteller des Gerard, John Lundgren, hält Wagner für weniger überzeugend als im Vorjahr.

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Video: Wagner im Interview mit Annette Raschner

Jutta Thomasius: „Geht unheimlich an die Nieren“

„Frankfurter Neue Presse“

Jutta Thomasius von der „Frankfurter Neuen Presse“ war nach eigenen Angaben „hingerissen“ von der Bregenzer Inszenierung. Auch sie sieht eine Steigerung zum vergangenen Jahr. Heuer sei es gelungen, mehr Ernsthaftigkeit, also die bösen und die blutigen Seiten einer Volksrevolution viel dramatischer zu zeigen, so Thomasius. Die großen Szenen seien zwar da, aber unterschwelliger. Das betone den dramatischen Charakter dieser großen Geschichte. „Dieses Mal geht es ungeheuer an die Nieren“, sagt Thomasius, die ebenfalls die Leistung der Sänger hervorhebt: „Die Sänger in dieser Besetzung sind grandios.“

Die Darstellerin der Maddalena bezeichnet sie gar als „fantastisch“: „Jeder Ton sitzt, sie hat auch diese Dramaturgie in der Stimme, kann mit der Stimme spielen.“ Einzig bei den Lichtspots, mit denen einzelne Sänger in Szene gesetzt werden, sieht Thomasius Verbesserungspotenzial, diese müssten nicht so grell sein. Das trübt aber nicht ihr Gesamtfazit, das lautet: „Herrlich!“

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Video: Thomasius im Interview mit Annette Raschner

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