Testamentsprozess: Ratz wird schwer belastet

Im Testamentsfälscherprozess am Landesgericht Salzburg steht am Montag zum ersten Mal die suspendierte Vorarlbergerin Richterin Kornelia Ratz vor Gericht. Der Hauptangeklagte Jürgen H. belastet sie schwer. Sie habe das gefälschte Testament in Auftrag gegeben.

Am Nachmittag befragte Richter Andreas Posch den Hauptverdächtigen Jürgen H.. Der Richter versuchte insbesondere herauszufinden, warum Jürgen H. die anderen Gerichtsbediensteten belastet. Was die angeklagte Richterin Ratz betrifft, wollte der Richter etwa wissen, ob sich der Umstand, dass ausgerechnet sie es war, die Jürgen H. den Bescheid seiner Dienstsuspendierung überreicht hatte, sich auf dessen Aussageverhalten ausgewirkt habe.

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Video: „Vorarlberg heute-Bericht“ von Bernhard Stadler. Im Interview zu sehen: Bertram Grass, Verteidiger von Kornelia Ratz und Sanjay Doshi, Anwalt von Geschädigten.

Testament eines 89-Jährigen steht im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt stand ein Verwandter von Kornelia Ratz, Wilhelm M., der 2004 im Alter von 89 Jahren gestorben ist. Er hinterließ kein Testament, aber ein Liegenschaftsvermögen in der Höhe von rund 532.400 Euro. Der Mutter sowie der Tante von Ratz - die Tante war zuletzt die Sachwalterin des 89-Jährigen - standen als gesetzlicher Erbteil jeweils rund 7.600 Euro zu. Die beiden waren Enkelinnen eines Cousins des Verstorbenen.

Ratz soll laut einem Geständnis von Jürgen H., er war Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichtes Dornbirn, Ende 2004 bei ihm angerufen und gejammert haben: Nur weil es kein Testament gebe, würden jetzt Menschen erben, die sich im Gegensatz zu ihrer Mutter und Tante nie um den Verstorbenen gekümmert hätten.

Auf ihre Andeutung, „dass am Bezirksgericht Dornbirn so manches anders laufe“, wollte Jürgen H. wissen, ob „ein plötzlich auftauchendes Testament“ hilfreich wäre, was die Richterin den Angaben des Rechtspflegers zufolge bejahte. Der Staatsanwaltschaft liegt eine Auswertung der Telefonate vor, demnach habe Ratz von ihrer Klappe aus H. tatsächlich angerufen, was die Richterin aber bestreitet.

Kornelia Ratz

APA/Neumayr

Jürgen H. baute zusätzliches Vermächtnis ein

Gemeinsam mit Rechtspfleger Clemens M. und dem bereits pensionierten Rechtspfleger Walter M. soll Jürgen H. beschlossen haben, ohne Wissen von Ratz finanziell mitzuschneiden, in dem sie ins gefälschte Testament, bei dem Mutter und Tante als Begünstigte auftraten, ein zusätzliches Vermächtnis, ein Legat einzubauen. Ein Viertel des Vermögens des 89-Jährigen sollte die im Jahr 1983 ohne Vermögen verstorbene Marie J. erhalten.

Der 49-jährige Angehörige von Jürgen H. nannte einen Strohmann als Scheinerben, von dem der 49-Jährige wiederum eine Vollmacht erhielt. Das „Gerichtstrio“ hätte sich dieses Legat laut Anklage dann „gedrittelt“. In einem weiteren Legat wurden der Mutter eines Vorarlberger Bürgermeisters weitere 25 Prozent des Vermögens zugedacht, um eine „falsche Fährte“ über eine prominente Person zu legen, wie der Staatsanwalt erklärte.

Der Prozess begann mit Eröffnungsreden

Der Prozess am Montag begann mit den Eröffnungsreden von Staatsanwalt Andreas Pechatschek und von Verteidiger Bertram Grass.

Ratz gab vorerst nur zu ihren Vermögensverhältnissen Auskunft und wies dabei gleich auf einen angeblichen Fehler in der Anklageschrift hin: Es stimme nicht, dass sie bislang zu ihrem Vermögen keine Angaben machen wollte. Man habe sie nur nicht dazu befragt.

Telefonische Bestellung von Testamentsfälschung

Staatsanwalt Andreas Pechatschek, der die Anklage vortrug, sprach von einer schandhaften österreichischen Justizgeschichte. Er sei stolz gewesen, Teil der österreichischen Justiz zu sein und, dass in Österreich keine italienische Verhältnisse herrschen. Mit 1. März 2010 musste er das zu Grabe tragen, denn da übernahm er die Ermittlungen gegen Kornelia Ratz. Wie Pechatschek ausführte, konnte und wollte er den Anfangsverdacht nicht glauben. Sein Vertrauen in die Justiz sei jedoch in den Grundfesten erschüttert worden.

Pechatschek zeigte auf, wie Richterin Ratz ein gefälschtes Testament telefonisch beim Hauptbeschuldigten rund um die Testamentsaffäre in Auftrag gegeben haben soll. Und er dankte der jungen Richterin, die die Affäre aufdeckt hatte. Zuletzt richtete der Staatsanwalt aus Steyr an die anderen Angeklagten harte Worte. Es sei unfassbar, dass sie nicht offen die Karten auf den Tisch legen.

Mitangeklagte wollen mit Testament nichts zu tun haben

An den bisherigen Verhandlungstagen haben die mitangeklagten Gerichtsmitarbeiter sich alle nicht schuldig bekannt. Trotz der starken und eindringlichen Worte des Staatsanwaltes hat sich an deren Haltung jedoch nichts verändert. Die Angeklagten waren selbst zwar nicht vor Ort, aber ihre Verteidiger machten in ihren Vorträgen deutlich, dass die Gerichtsbediensteten und der pensionierte Gerichtsbedienstete auch nichts mit dem Testament zu tun haben wollen, durch das die Verwandten von Richterin Ratz rund eine halbe Million Euro geerbt haben sollen.

Verteidiger zweifelt an Glaubwürdigkeit von Jürgen H.

In Folge konnte darauf der Verteidiger von Kornelia Ratz, der Bregenzer Anwalt Bertram Grass, seine Sicht der Dinge vortragen. Er hat seine Verteidigung sehr ruhig vorgetragen und zweifelt darin an der Glaubwürdigkeit des Hauptangeklagten Jürgen H., der Richterin Ratz schwer belastet. Jürgen H. sei ein fantastischer Organisator. Das könne man daran sehen, wie kompliziert und geistreich er bei den Fälschungen vorgegangen sei. Ins Reich der Phantasie verwies Anwalt Grass auch die Beschuldigung seine Mandantin betreffend. Die Beschuldigung sei ein Racheakt von Jürgen H., weil Ratz Druck auf dessen Bruder ausgeübt habe.

Unglaubwürdig seien die Vorwürfe gegen Ratz auch deshalb, weil Jürgen H. sie in der Causa kein einziges Mal angerufen habe, um Details zu besprechen. „Auch in seinem Geständnis stimmt nicht alles.“ Die Masche von Jürgen H. sei offenbar gewesen, andere Leute zu belasten, und zwar mit Methode, das betreffe auch Clemens M., Walter M. und Kurt T.. Nicht nur Grass forderte einen Freispruch, auch die Verteidiger der drei Gerichtsbediensteten wiesen jede Mitschuld ihrer Mandanten zurück.

Ratz bestreitet Vorwürfe

Als suspendierte zweithöchste Richterin Vorarlbergs verkörpert Ratz mit Sicherheit die prominenteste Rolle im Testamentsfälscherprozess. Ratz, die immer wieder ihre Unschuld beteuert hat, soll von Testamentsfälschungen am Bezirksgericht Dornbirn gewusst haben und Mitarbeiter, die diese Manipulationen vornahmen, angewiesen haben, auch zu ihren Gunsten Fälschungen in einer Verlassenschaftssache zu tätigen.

Anklagevertretung nach Steyr ausgelagert

Weil Ratz Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch war und als langjährige Sprecherin der Richtervereinigung in Vorarlberg auch Kontakte zur dortigen Staatsanwaltschaft hatte, wurde der Fall an die Staatsanwaltschaft in Steyr delegiert. Daher führt für in den drei Tagen nicht der Vorarlberger Staatsanwalt Manfred Bolter die Anklage, sondern der Staatsanwalt Andreas Pechatschek aus Steyr.

Bei einer Verurteilung drohen Ratz bis zu zehn Jahre Haft. Ein Urteil wird es nach Ende aller Testamentsfälscherprozesstage geben. Wenn es nach Plan geht, dauert der Prozess noch bis 6. Juni.

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