Betrugsfall bekommt politische Dimension

Die möglicherweise millionenschwere Betrugsaffäre bei der Gemeindeinformatik GmbH in Dornbirn dürfte eine politische Dimension bekommen. Laut Wirtschaftspresseagentur müsste das Unternehmen nämlich per Gesetz einen Aufsichtsrat haben.

Eigentum der Gemeinden

Die Gemeindeinformatik GmbH ist im Eigentum der 96 Vorarlberger Gemeinden.

Die auf IT-Dienstleistungen und IT-Beratungen für Vorarlberger Gemeinden spezialisierte Gemeindeinformatik GmbH hat nur einen fachlich orientierten Beirat unter Vorsitz des Lustenauer Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP). Damit fehlt dem Unternehmen jedoch ein wichtiges Kontrollgremium.

Rechtslage eindeutig

Die Rechtslage ist klar: Die Gemeindeinformatik GmbH wurde 1980 gegründet und gehört spätestens seit dem Jahr 2001 96 Gesellschaftern, das sind alle Vorarlberger Gemeinden. Aber auch schon vor 2001 waren es gemäß Firmenbuch mehr als 50 Gesellschafter. Zudem hat das Unternehmen ein Stammkapital von etwas mehr als 72.600 Euro. Gemäß Paragraph 29 Abs. 1 Zi. 1 des GmbH-Gesetzes muss für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern sie mehr als 50 Gesellschafter zählt und ein Stammkapital von mehr als 70.000 Euro aufweist, ein Aufsichtsrat bestellt werden. Der Aufsichtsrat hat per Gesetz wesentlich umfassendere Kontrollrechte und -pflichten und das Recht auf Einblick in die Geschäfte als nur ein Beirat.

Geschäftsführer bestätigt fehlenden Aufsichtsrat

Gemeindeinformatik GmbH-Geschäftsführer Ferdinand Gabriel bestätigte auf Anfrage der Wirtschaftspresseagentur, dass das Unternehmen keinen Aufsichtsrat bestellt habe. Die Tatsache, dass die Gemeindeinformatik GmbH keinen Aufsichtsrat habe, geht auf eine Statutenänderung im Jahr 2000 zurück. Damals seien einige Gemeinden als Gesellschafter dazu gekommen und es sei im Zuge der Schilling-Euro-Umstellung das Stammkapital auf 72.672,83 Euro festgelegt worden.

„Aus heutiger Sicht wissen wir, dass unter 70.000 Euro kein Aufsichtsrat notwendig ist, über 70.000 Euro und einer definierten Zahl von Gesellschaftern jedoch schon. Warum damals von rechtlicher Seite (vom zuständigen Notar) dieser Hinweis auf die Notwendigkeit eines Aufsichtsrates nicht erfolgt ist und auch vom Gericht keine Aufforderung dazu kam, können wir nicht sagen“, so Gabriel. Man sei allerdings bestrebt, dieses Thema rasch zu sanieren. Deshalb soll bereits bei der nächsten Generalversammlung die Gründung eines Aufsichtsrates auf die Tagesordnung kommen, so Gabriel.

Externe Wirtschaftsprüfer am Werk

Gabriel bestätigte auch, dass die Jahresabschlüsse der Gemeindeinformatik GmbH jedes Jahr durch einen von der Generalversammlung festgelegten, externen Wirtschaftsprüfer geprüft worden seien. Dieser Auftrag werde jedes Jahr neu vergeben. Dabei habe es sich stets um das gleiche Wirtschaftsprüfungsunternehmen aus Vorarlberg gehandelt. Aber auch die Wirtschaftsprüfer hätten niemals auf den rechtswidrigen Umstand eines fehlenden Aufsichtsrates hingewiesen, sagte Gabriel.

„Beirat ist kein Kontrollorgan“

Der Lustenauer Bürgermeister und Gemeindeinformatik-Beiratsvorsitzende Kurt Fischer erklärte auf Anfrage, dass er vom Gemeindeverband im Jahr 2015 in diese Funktion entsendet worden sei. Er legte Wert auf die Feststellung, dass der Beirat ein beratendes Fachgremium sei, das sich mit inhaltlichen Dingen auseinandersetze. „Wir sind kein Kontrollorgan.“ In dem achtköpfigen Gremium (sechs stimmberechtigte und zwei beratende Mitglieder) sitzen mehrere Bürgermeister, ein IT-Experte, ein Vertreter des Gemeindeverbandes und ein Vertreter der Kontrollabteilung des Landes. Dort gehe es etwa um Themen wie die DSGVO oder eine neue Buchhaltungssoftware für die Gemeinden bzw. um die verstärkte Zusammenarbeit im IT-Bereich etc., so Fischer.

Fischer für Fusion

Fischer ist der Ansicht, dass nicht zuletzt die nunmehrige Betrugsaffäre dazu beitragen könnte, dass die seit Jahren diskutierte Fusion von Vorarlberger Gemeindeverband, Umweltverband und Gemeindeinformatik möglicherweise tatsächlich bis 2020 abgeschlossen werden könnte. „Es hat sich tragischerweise gezeigt, dass wir diese neuen und transparenten Strukturen brauchen und alles auf ein modernes Niveau gesetzt und zusammengeführt werden muss.“ Die Doppelt- und Dreifachstrukturen seien in diesem Bereich nicht mehr zeitgemäß.

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