War tödliche Messerattacke ein Racheakt?

Im Akt zur tödlichen Messerattacke in der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn zeigt sich die kriminelle Vergangenheit des Tatverdächtigen. Seine Angaben lassen auch einen Racheakt vermuten. Der Beamte war vor zehn Jahren für die Abschiebung des Beschuldigten verantwortlich.

Messerattacke in Dornbirn: Mögliches Motiv

Im Akt zur tödlichen Messerattacke in der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn zeigt sich die kriminelle Vergangenheit des Tatverdächtigen. Seine Angaben lassen auch einen Racheakt vermuten.

ORF-Vorarlberg Redakteur Andreas Feiertag hat die bisherigen Akten zum Fall eingesehen. Die Frage nach dem Tatmotiv und ob es Rache gewesen sein könnte, spielt dabei eine Rolle. Aus der Akteneinsicht ergibt sich, dass Rache zum Schluss mitgespielt haben könnte. Laut kriminalpolizeilichem Einvernahme-Protokoll erhebt der Verdächtige aber auch schwere Vorwürfe gegen die Behörde.

Tatverdächtiger spricht von Spießrutenlauf

Der Beschuldigte sagt, er sei von der Bezirkshauptmannschaft für seinen Antrag auf Grundversorgung einem Spießrutenlauf unterzogen und zwei Wochen lang zum Narren gehalten worden. Vor allem vom späteren Todesopfer. Dazu muss man aber sagen, dass Soner Ö. diese Angaben nach der Tat als Beschuldigter zu Protokoll gegeben hat. Es handelt sich ausschließlich um seine subjektive Sicht der Dinge und nichts davon muss stimmen.

Eckpunkte in der Vorgeschichte

Der Beschuldigte sagt, er habe sich genarrt gefühlt, weil er sich zwei Wochen lang vergeblich um sein Geld bemüht habe. In Kurzform die Angaben des Tatverdächtigen: Antrag am 23. Jänner bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gestellt. Kontoeröffnung bei der Sparkasse, Kontonummer der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gegeben, von dort an das Gemeindeamt Lustenau verwiesen wegen einer fehlenden Bestätigung.

Dann habe es geheißen, so der Beschuldigte, das Geld sei eine Woche später, Anfang Februar, auf seinem Konto. Fehlanzeige. Am 4. Februar wieder auf die BH. Die Auskunft, er habe falsche Formulare gebracht. Wieder nach Lustenau, wieder zur BH. Am 6. Februar noch immer kein Geld. Erneut zur BH, dort die Auskunft, er müsse den Bescheid abwarten. Auskunft von Dritten, dass dies nicht normal sei.

Vermutungen des Soner Ö.

Daraufhin vermutet Soner Ö., dass es der verantwortliche Beamte wie vor zehn Jahren erneut auf ihn abgesehen habe. Er geht in einen Supermarkt auf zwei Bier. Kehrt zur BH zurück. Ob der Leiter der Sozialabteilung, das spätere Opfer, Zeit für ihn habe. Nein. Er soll zur Sachbearbeiterin. Diese aber sei auf Urlaub gewesen. Für Soner Ö. der letzte Hinweis, dass er zum Narren gehalten werde. Er begibt sich nach Hause, steckt ein Messer ein und sucht die BH und den Sozialamtsleiter auf. Es kommt zum Streit. Das ist die Antwort, dass er, Soner Ö. vom Beamten gar nichts zu erwarten habe. Dann die Attacke.

Behörde weist Vorwürfe zurück

Bezirkshauptmann Helgar Wurzer weist die Vorwürfe zurück. Es stimme zwar, dass der Tatverdächtige mehrere Behördengänge für seinen Antrag gebraucht habe, dies liege aber daran, dass nicht von Anfang an alle notwendigen Unterlagen bei der BH eingelagt sind. Der komplette Datensatz sei erst am 4. Februar in der Behörde gewesen, am 5. habe man den Antrag bearbeitet und am 6. Februar, am Tag der tödlichen Messerstecherei, habe man das Geld schließlich überwiesen - 250 Euro für den Lebensunterhalt und 150 Euro fürs Wohnen.

Weg der Unterlagen

Der Beschuldigte habe zunächst nur eine Kopie seiner Kontoeröffnung abgegeben, nicht aber eine beglaubigte Bankbescheinigung. Zum anderen hat es laut Bezirkshauptmann Wurzer auch ein Missverständnis zwischen den Behörden gegeben. Die BH habe Soner Ö. bei seinem ersten Besuch gesagt, er könne den eigentlichen Antrag auf Grundversorgung auch beim Gemeindeamt Lustenau einbringen, wenn er dort ohnehin noch Unterlagen zu besorgen hat.

In Lustenau jedoch sei man davon ausgegangen, dass der Tatverdächtige den Antrag bereits auf der BH eingebracht hat. Deshalb sei dieser auch erst zwei Wochen später, am 4. Februar endlich in der BH eingelangt. Laut Wurzer sei Soner Ö. aber mehrmals darauf hingewiesen worden, dass der Antrag noch fehle.

Keine Dringlichkeit

In Einzelfällen würden die Mitarbeiter der BH stärker darauf drängen, dass die nötigen Unterlagen rasch kommen. Dies aber nur dann, wenn die Betroffenen dringend das Geld brauchen. Da Soner Ö. aber angegeben habe, dass er gut untergebracht sei und bei seiner Schwester in Lustenau wohnen könne, sei diese Dringlichkeit in dem Fall nicht gegeben gewesen.

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