Fast ein Fünftel der Vorarlberger armutsgefährdet

Armut ist kein Schicksal, Armut wird gemacht: Das war am Sonntagabend das Thema beim 5. Vorarlberger Tag der Menschenrechte. Vorarlberg zählt zwar zu den wohlhabendsten Regionen der Welt, aber fast ein Fünftel der Bevölkerung ist armutsgefährdet.

Damit sind rund 70.000 Menschen in Vorarlberg in Gefahr, in die Armut abzurutschen. Etwa 20.000 davon sind Kinder, sagt Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne). Die Vorarlberger Plattform für Menschenrechte, die die Veranstaltung am Sonntag zum Tag der Armut organisierte, wirft der Bundesregierung vor, durch ihre Politik Armut zu schaffen und das auch bewusst in Kauf zu nehmen. „Die Armen haben nicht nur kein Geld, sondern auch keine Stimme in unserer Gesellschaft, und wir müssen ihnen eine geben“, so die Botschaft der Veranstaltung.

„Armut wird gemacht“

„Armut hat es immer gegeben, aber durch den Aufbau eines guten Sozialsystems hat man in den vergangenen Jahrzehnten gut gegensteuern können“, sagt Peter Kopf von der Ifs-Schuldenberatung. Kopf sieht nun diese Erfolge in Gefahr. „Wenn ich an die hohen Mieten denke, dann wird klar: Das bringt Menschen in die Armut. Wenn ich an die Änderung bei der Mindestsicherung denke, wo Menschen ganz bewusst über die Armutsgrenze aus dem Land der Teilhabe hinausgestoßen werden: Da wird Armut gemacht.“

Tag der Menschenrechte

An die Erklärung der Menschenrechte, die vor genau 70 Jahren in Paris verkündet wurde, erinnert der Internationale Tag der Menschenrechte.

Vorwürfe an Regierung

Sehr scharfe Worte kommen von Katharina Lenz und Peter Mennel, beide Sprecher der Vorarlberger Plattform für Menschenrechte. Sie werfen der Bundesregierung vor, durch ihre Politik ganz bewusst in Kauf zu nehmen, dass Menschen ärmer werden. „Ich glaube, wenn man auf die politische Entwicklung sieht, ist schon sehr sehr eindeutig, dass Armut mitunter anscheinend gewollt ist und eben auch durch unsere Gesetzgebung gemacht wird, durch Einschränkungen, Verlängerungen von Arbeitszeiten, Kürzungen von Mindestsicherungen“, so Lenz.

„Vorarlberger haben viel Mitgefühl gezeigt“

Und Mennel führt aus: „Ich glaube, dass hier eine Grundhaltung sich immer mehr breit macht von Seiten der Regierung und vielen sie unterstützenden Menschen, dass bestimmte Personengruppen überflüssig sind in unserer Gesellschaft. Die stören uns, die wollen wir nicht haben und die wollen wir möglichst weit weg bis hinter die afrikanische Grenze, bis hinters Mittelmeer abschieben - wir wollen uns nicht mit diesen Menschen auseinandersetzen.“

Mennel betont aber, dass die Vorarlberger in den vergangenen drei Jahren sehr großes Mitgefühl gegenüber Flüchtlingen gezeigt haben. Auch die regelmäßig stattfindenden Sonntagsdemos zeigen, dass es durchaus Solidarität mit Menschen gibt, die nicht das Glück hatten, im sicheren, wohlhabenden Vorarlberg auf die Welt gekommen zu sein. Jeder, der sich für bedürftige Menschen einsetze, mache auch die Gesellschaft stärker.