OGH: Kloster haftet für Missbrauch

Der Oberste Gerichtshof hat am Dienstag seine Entscheidung zur Haftung des Klosters Mehrerau veröffentlicht. Demnach ist eine Institution schadenersatzpflichtig, wenn sie einen Erzieher mit krimineller Neigung wissentlich anstellt. Die Verjährung kann auch Jahrzehnte später beginnen.

Die Entscheidung des Höchstgerichts liegt nun offiziell vor. Gerechnet hatten Kläger und Beklagte schon vor zehn Tagen damit. Deshalb einigten sich die Parteien im Vorfeld auf einen außergerichtlichen Vergleich, wonach das Kloster einem Opfer 250.000 Euro Schmerzensgeld zahlt. Der ehemalige Internatsschüler zog daraufhin seine Klage zurück. Der Zivilprozess war beendet.

Zur OGH-Entscheidung kam es, weil das Kloster Mehrerau sich zuletzt - nach Niederlagen vor dem Landes- und Oberlandesgericht - beim OGH um eine außerordentliche Revision bemühte. Die außerordentliche Revision wurde jetzt offiziell abgelehnt.

Ohne Leitungsfunktion kein Zugang zu Opfern

Der OGH bestätigte nun, dass das kriminelle Verhalten eines Paters nicht losgelöst vom Internatsbetrieb erfolgt sei. Der Täter hatte eine einflussreiche Stellung als Regens. Er habe sich die Opfer für seine Gewalt- und Sexualattacken gezielt unter zurückhaltenden und autoritätshörigen Schülern ausgesucht. Diese Auswahl habe sich dem Täter in seiner Stellung als Internatsleiter geboten.

Kloster stellte Pädophilen an

Das Kloster habe sich eines Leiters bedient, von dem bereits 1968 bekannt war, dass er sich wiederholt an Buben sexuell vergangen hatte. Dennoch wurde der Pater 1981 zum Internatsleiter bestellt. Das Kloster habe durch die Bestellung eines verurteilten Pädophilen Internatsschüler schuldhaft einer massiven Gefahr ausgesetzt und sei damit ersatzpflichtig.

Eine Verjährung der Haftung des Klosters sei nicht eingetreten, weil das Opfer von diesen Umständen erst kürzlich zufällig erfahren habe, so der OGH. Die Verjährungsfrist kann demnach auch nach dreißig Jahren beginnen, wenn einem Opfer erst zu diesem Zeitpunkt Schädiger und Schaden bekannt werden.

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