Steuersünder: Fußfesseln statt Geldstrafen

Zwei Drittel der verurteilten Steuersünder können laut dem Innsbrucker Finanzstrafrechts-Experten Andreas Scheil die hohen Geldstrafen nicht bezahlen. Immer mehr Geldstrafen müssten daher in Ersatzfreiheitsstrafen umgewandelt werden.

Steuersünder werden immer öfter zu extrem hohen Geldstrafen verurteilt, die aber immer seltener auch bezahlt werden könnten. Nur jeder Dritte zahle seine Strafe, so der Finanzstrafrechtsexperte Scheil. Die anderen büßten ihre Geldstrafe als Ersatzfreiheitsstrafe ab. Daran habe auch die Gesetzesnovelle im Vorjahr nichts geändert - ganz im Gegenteil: die Lage verschärfe sich weiter.

Eigentlich hätte das neue Gesetz mehr Geld in die Staatskasse spülen sollen, weil vor Gericht weniger Geldstrafen auf Probe nachgesehen werden dürfen. Doch Scheil spricht von einer Illusion. Konnte ein Richter früher fast die gesamte Strafe als bedingte Strafe - also auf Probe - verhängen, sei heute nur mehr die Hälfte möglich. „Das ist ja alles Steinzeit“, so Scheil, aber es sei nicht zu ändern. Zwei Drittel der Leute könnten die Geldstrafen nicht mehr bezahlen. Stattdessen verbüßten sie ihre Ersatzfreiheitrafen mit elektronischer Fußfessel. Das sei eine Niederlage.

Fußfessel: Steuersünder auf dem zweiten Platz

Laut Statistik sind Steuersünder im elektronischen Hausarrest nach den Dieben die zweitgrößte Gruppe. Für seine Überwachung zahle ein Straftäter pro Tag 20 Euro, doch den Staat koste diese Maßnahme weit mehr. Andreas Scheil hält die Vorgangsweise beispielsweise im Falle von gescheiterten Kleinunternehmern für hinterfragenswert.

Scheil verteidigt viele Kleinunternehmer nach Pleiten vor Gericht. Sie seien von ihren ursprünglichen Arbeitgebern als Angestellte „outgesourced“ worden und hätten, zum Beispiel, kleine Speditionen gegründet.

In der letzten Phase ihres Scheiterns fingen sie mit Hinterziehungen von Umsatzsteuervorauszahlungen an, so Andreas Scheil. Dies trage ihnen Finanzstrafverfahren ein. Die 7.000 bis 8.000 Euro Geldstrafe im Schuldenregulierungsverfahren könnten sie aber niemals bezahlen. Das Ergebnis seien Ersatzfreiheitsstrafen.

„Riesenaufwand für den Staat“

Es gebe Leute, die drei bis vier Monate ins Gefängnis müssten, so Scheil, weil sie 25.000 Euro nicht bezahlen könnten. Laut Scheil legten Finanzämter für 8.000 Euro Geldstrafe einen Monat Ersatzfreiheitsstrafe fest.

Um überfüllte Gefängnisse von Finanzstraftätern zu entlasten, verbüßten diese häufig die Strafen mit elektronischer Fußfessel. Das sei ein Riesenaufwand. Für den Staat bliebe - trotz hohem Aufwand - nicht viel mehr übrig als vor der Gesetzesnovelle, kritisiert Scheil.

Link: