Tausende Testamente österreichweit ungültig?

Ein Erbschaftsstreit in Vorarlberg hat mit einem möglicherweise richtungsweisenden Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) geendet. Er hat ein Testament für ungültig erklärt, weil die Zeugen nicht auf der Urkunde unterschrieben hatten. Tausende Testamente könnten damit ungültig sein.

Der konkrete Anlassfall: Die einzige Tochter einer schwerkranken Frau hätte eigentlich die Alleinerbin sein sollen. Am Sterbebett im Krankenhaus tauchte aber wenige Tage vor ihrem Tod eine angebliche Freundin auf - mit einem Rechtsanwalt, seinen Sekretärinnen und einem vorgefertigten, computergeschriebenen Testament, das die angebliche Freundin zur Alleinerbin machen sollte.

Tausende Testamente ungültig?

Ein Erbschaftsstreit in Vorarlberg könnte jetzt Folgen für ganz Österreich haben. Das betreffende Testament wurde vom Obersten Gerichtshof für ungültig erklärt.

Die Erblasserin, im Sterben liegend, unterschrieb dieses mitgebrachte Testament ebenso wie die beiden Sekretärinnen und eine Krankenschwester als Testamentszeugen. Allerdings wusste zumindest die Krankenschwester nach eigenen Angaben nicht, ob es sich bei dem Testament tatsächlich um den wahren letzten Willen der Erblasserin handelte.

Streit ging bis zum OGH

Die Gerichte erklärten das Testament in erster und zweiter Instanz für gültig. Martin Mennel, der Rechtsanwalt der Tochter, bekämpfte die Gültigkeit des Testaments aber bis zum OGH, wo er schließlich recht bekam. Der Gerichtshof beurteilte aber nicht die Testierfähigkeit der Erblasserin, sondern erklärte das Testament aus formalen Gründen für ungültig.

Laut OGH hätten die Testamentszeugen „auf der Urkunde selbst“ unterschreiben müssen. Stattdessen hätten sie auf einem „zusätzlichen losen und leeren Blatt“ unterschrieben. Und das reicht für die Erfüllung der Formvorschriften laut OGH-Urteil nicht.

Mennel: Gesetz klar formuliert

Für Rechtsanwalt Mennel ist das OGH-Urteil deshalb bedeutend, weil es viele Testamente gebe, die auf diese Weise gemacht worden seien. Seiner Ansicht nach sind österreichweit Hunderte, wenn nicht Tausende Testamente ungültig: „Nur bisher hat es niemand verstanden.“ Das Gesetz schreibe aber klar vor, was zu tun sei: „Zu unterschreiben haben es die Testamentszeugen auf der Urkunde. Und Urkunde ist nicht ein leeres Blatt Papier.“