Testamente: Ratz überlegt Berufung

Nach der Urteilsverkündung im zweiten Verfahrensgang des Testamentsfälscherprozesses haben zwei Verteidiger, darunter auch der von Kornelia Ratz, erneut Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet. Für den Hauptangeklagten Jürgen H. könnte die Reduktion der Gefängnisstrafe bedeuten, dass er nicht mehr ins Gefängnis muss.

Fünf Jahre lang lief nun das Verfahren rundum die Testamentsfälscheraffäre, den größten Justizskandal Österreichs, der vom Bezirksgericht Dornbirn ausging. Diesen Freitag fielen nun im zweiten Verfahrensgang die Urteile: Alle fünf Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Die Urteile des ersten Prozesses vor zwei Jahren wurden damit, wie erwartet, bestätigt. Lesen sie weiter in Testamentsfälscher: Höhere Strafe für Ratz.

Die Empörung über den Skandal ist groß, nicht nur bei der Bevölkerung, auch bei Richterin Christina Rott. Durch die immense Dreistigkeit, Abwegigkeit und Verwerflichkeit der Angeklagten sei der Justiz und natürlich auch den geprellten Erben ein extrem hoher Schaden zugefügt worden, so Rott bei der Urteilsverkündung.

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Videobeitrag von Gernot Hämmerle.

Gernot Hämmerle war zu dem Thema auch Studiogast in ‚V heute‘ vom 26. Juli 2014. Sie können die Sendung hier nachsehen.

Verteidiger des Hauptangeklagten zufrieden

Kornelia Ratz wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt - zehn Monate davon muss sie im Gefängnis verbringen, oder zumindest mit Fußfessel. Verteidiger Bertram Grass sagte dazu, es sei aufgrund der Bemerkungen der Richterin in den letzten Tagen wenig überraschend gewesen, dass die Urteile praktisch wiederholt wurden.

Der Hauptangeklagte Jürgen H. wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt, das ist ein Jahr weniger als beim ersten Urteil. Verteidiger Klaus Grubhofer ist damit sehr zufrieden: Es sei sehr gut begründet worden, der langen Verfahrensdauer sei Rechnung getragen worden, und es sei einbezogen worden, dass Wiedergutmachung geleistet worden sei.

Hauptangeklagter könnte Gefängnis entgehen

Für Jürgen H. ist entscheidend, dass seine Strafe von sieben auf sechs Jahre herabgesetzt wurde, denn dadurch könnte es sein, dass ihm weitere Zeit im Gefängnis erspart bleibt: Wenn er die Hälfte der Strafe, also drei Jahre, abgebüßt hat, kann eine frühzeitige Haftentlassung beantragt werden. Zwei Jahre und drei Monate hat er bereits in Untersuchungshaft abgesessen, für die restlichen neun Monate kann er eine Fußfessel beantragen.

Auch Peter H., dessen Strafe sich auf unter vier Jahre reduziert hat, könnte dadurch einer weiteren Gefängnisstrafe entgehen.

Anwalt hat ‚Schnauze voll‘

Auch die anderen drei Angeklagten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt: Kurt T. zu 32 Monaten, zehn davon unbedingt. Sein Verteidiger Nicolas Stieger meinte dazu, seine Zufriedenheit halte sich in Grenzen, es sei eine Katastrophe, wenn Unschuldige verurteilt würden.

Der ehemalige Grundbuchrechtspfleger Walter M. erhielt 21 Monate, sechs Wochen davon unbedingt. Eine erneute Berufung kommt für Verteidiger Germann Bertsch nicht in Frage: ‚Wahrscheinlich nicht, wir haben die Schnauze voll‘, sagte er.

Der ebenfalls geständige Peter H. wurde zu drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Keines der Urteile ist rechtskräftig.

OGH wird erneut angerufen

Zwei Verteidiger, darunter auch Kornelia Ratz’ Verteidiger, haben erneut Nichtigkeitsbeschwerden eingelegt und Berufung angemeldet - das heißt, der Oberste Gerichtshof muss ein weiteres Mal über die Urteile und Begründungen entscheiden.

Da der OGH die Anklagen bereits kennt, ist damit zu rechen, dass diese Entscheidung recht schnell gefällt wird. Ebenso wird davon ausgegangen, dass der OGH dieses Mal die Urteile anerkennt und das Verfahren nicht mehr neu aufrollen lässt.

Richterin hofft auf Wiederherstellung des Vertrauens

Bei der Urteilsverkündung meinte die Richterin abschließend: Es gebe in jeder Berufssparte „schwarze Schafe“, sie hoffe nur, dass jetzt einige Österreicher wieder Vertrauen in die Justiz erlangen könnten.