Martin: Eigene Akzente nur „atmosphärisch“

Am Sonntag übernimmt Österreich für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. Der aus Vorarlberg stammende Journalist und ehemalige EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin ist skeptisch, was die Möglichkeiten Österreichs betrifft.

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Nach innen könne ein Land sehr wohl von einer Ratspräsidentschaft profitieren, meint Martin gegenüber dem ORF Vorarlberg: Kleine Länder könnten sich profilieren, das steigere auch das Selbstwertgefühl. Sonst bleibe einem Vorsitzland aber nur die Rolle des Moderators oder „Zeremonienmeisters“.

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Audio: Hans-Peter Martin im Gespräch mit ORF-Redakteurin Christine Amon

Entscheidungen in Berlin und Paris

Bereits im Vorfeld haben die Landtagspräsidenten der Bundesländer dazu aufgerufen, den Vorsitz zu nutzen, um die Bundesländer in der EU zu stärken. Martin unterstützt das Anliegen zwar grundsätzlich, glaubt aber nicht, dass Österreich in dieser Hinsicht etwas bewegen kann.

Hans Peter Martin Eu-Vorsitz

APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Eigene Akzente setzen könne man als Vorsitzland hauptsächlich atmosphärisch, der Fahrplan sei ziemlich genau vorgegeben. Die wirklichen Entscheidungen würden in Berlin und Paris gefällt werden, derzeit auch noch in London. Österreich sei eben nur einer von 28 Mitgliedstaaten, und noch dazu nur ein mittelgroßer.

Kurz als „Bunkerkanzler“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Samstag wiederholt gesagt, Österreich wolle „Brückenbauer sein“, um die „Spannungen“ in der EU wieder abzubauen. Auch das sieht Martin kritisch. „Also Brückenbauen sehe ich hier nicht, weil unser Bundeskanzler sich ja zusehends zum Bunkerkanzler entwickelt.“ Er werde wohl eher dazu beitragen, Europa nach außen abzuschotten.

Was die Zukunft der EU betrifft, seien die nächsten Wahlen 2019 entscheidend. Erstmals sei es für die Rechtsnationalen möglich, bei den Europawahlen erfolgreich abzuschneiden. Seien sie erfolgreich, werde man mit einem „ganz anderen Europa aufwachen“, sagt Martin. Jedenfalls könne Europa ohne soziale Dimension keine Zukunft haben.

Derzeit schreibt Martin an seinem neuen Buch mit dem Titel „Game Over - Wohlstand für wenige, Demokratie für niemand, Nationalismus für alle - und dann?“

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