„Es ist reine Sensationsgeilheit“

Auf der Straße passiert ein Unfall - doch anstelle zu helfen, greifen Passanten zum Handy und machen ein Foto. Auch in Vorarlberg sehen sich die Blaulicht-Organisationen mit diesem Phänomen konfrontiert. Jetzt wehren sie sich dagegen.

Schaulustige blockieren die Zufahrt zu Unfallorten, drängen distanzlos an die Verletzten heran, erschweren den lebensrettenden Einsatz - auf der Jagd nach dem besten Bild. In den letzten Jahren sind solche Szenen leider häufiger geworden.

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Maßnahmen gegen Schaulustige

Gaffer machen auch in Vorarlberg immer wieder Probleme. Die Einsatzkräfte suchen Mittel und Wege, sich dagegen zu wehren.

Auch Vorarlbergs Blaulichtorganisationen sind immer wieder damit konfrontiert. Sie richten daher einen Appell an die Bevölkerung: „Es ist ein absolutes No-Go zu fotografieren und zu filmen, und das Ganze sogar noch auf die sozialen Medien zu stellen“, sagt Polizeisprecher Horst Spitzhofer. Auch Wolfgang Burtscher, Leiter des Feuerwehrausbildungszentrums, appelliert an die Bevölkerung, die Einsatzkräfte arbeiten zu lassen, nicht im Weg herumzustehen und keine Bilder zu machen: „Es ist reine Sensationsgeilheit.“

Gefährliche Sensationsgier

Die Sensationsgier kann Leben gefährden. Auch das Rote Kreuz wird bei der Arbeit oft behindert, berichtet Geschäftsführer Roland Gozzi: Man könne oft nicht direkt zum Patienten hinfahren mit dem Rettungsfahrzeug. „Oft sind ein paar Meter zwischen dem Verletzten am Boden und den Fahrzeugen - und dann stellen sich die Leute dazwischen, damit sie bessere Bilder bekommen.“ Das sei insbesondere deswegen hinderlich, weil die Sanitäter immer wieder zum Rettungsauto müssten, um Geräte oder Medikamente zu holen, sagt Gozzi.

Schutzwände gegen Gaffer

Besonders stört die Einsatzkräfte, dass Fotos und Videos von tragischen Unfällen oft sofort ins Internet gestellt und über soziale Medien verteilt werden. „Das ist nicht nur pietätlos, sondern es ist für die Angehörigen sehr schlimm, wenn sie so etwas in den sozialen Medien sehen“, sagt Polizeisprecher Spitzhofer. „Im schlimmsten Fall sogar, bevor die Polizei die Möglichkeit gehabt hat, die Angehörigen zu informieren.“

Damit solche Videos erst gar nicht aufgenommen werden, hat die Feuerwehr in Vorarlberg ein einfaches, aber wirksames Hilfsmittel entwickelt: Einen mobilen Sichtschutz. „Wir haben bereits 2016 unsere Stützpunkte jener Feuerwehren, die für Verkehrsunfälle ausgestattet sind, mit mobilen Schutzwänden ausgestattet“, so Burtscher.

Hohe Strafen möglich

Wenn solche Schutzwände nichts nützen, bleibt noch ein weiteres Mittel. Die Polizei darf Gaffer - notfalls auch gewaltsam - wegweisen und Strafen verhängen. „Die Polizei hat jedenfalls die Möglichkeit, nach der Strafprozessordnung einen Tatort abzusperren“, sagt Spitzhofer. „Sie hat auch die Möglichkeit, Personen, die die Arbeit der Polizei stören, wegzuweisen und auch Zwangsmaßnahmen anzuwenden."Hier seien Strafen bis zu 10.000 Euro und sechs Wochen Haft möglich.

Auch Helfen ist möglich

Wenn man zu einem Unfall hinzukommen sollte, kann man den Einsatzkräften auch helfen. "Wenn jemand hilft, haben wir das sehr gerne“, sagt Rotes Kreuz-Geschäftsführer Gozzi. Und manchmal gebe es eben auch Leute, die andere zurückdrängen und zur Vernunft bringen würden.