ÖVP-Neuaufstellung: Experten äußern Bedenken

Über die Neu-Aufstellung der bundesweiten ÖVP wird derzeit viel diskutiert. Einige Erneuerungs-Ankündigungen bereiten Experten jedoch Kopfzerbrechen. Die strukturellen Änderungen seien längst überfällig, ob jedoch der „Kurz-Weg“ der richtige ist, da sind sie sich nicht einig.

Die Zunft der Politikwissenschaftler ist sich zwar weitgehend einig, dass strukturelle Änderungen bei der ÖVP überfällig seien, aber es gibt auch viele Zweifel, ob der ins Auge gefasste „Kurz-Weg“ der richtige ist. So ist für den Innsbrucker Politik-Professor Ferdinand Karlhofer verständlich, dass die Volkspartei als altmodisch und negativ behaftet empfundene Parteistrukturen zugunsten modernerer los werden will. Aber was derzeit in Österreich gerade abläuft erinnere sehr an Jörg Haider, der neben der Organisationsstruktur eine Parallelstruktur aufgebaut hat, die alle Macht in seine Hände legte.

Manche Erneuerungspläne hält Karlhofer zudem für kaum umsetzbar. Zum Beispiel will Kurz gleich viele Frauen wie Männer auf den Listen sehen. Aktuell seien nur 14 der 51 ÖVP-Nationalratsabgeordneten Frauen, es müssten also viele gut vernetzte Männer weichen. Und dazu könnte dieser Reißverschluss durch das auch angestrebte Vorzugsstimmensystem über den Haufen geworfen werden. Karlhofer geht davon aus, dass die männerstarken Bünde und die Länder mobilisieren würden.

Weniger Mitspracherecht durch Bünde-Entmachtung

Die „de-fakto-Entmachtung“ der ÖVP-Bünde ist angesichts ihres jahrzehntelangen Unwillens auch zu sanften Reformen sicher eine gute Idee, sagt die Politikwissenschaftlerin Katrin Stainer-Hämmerle. Aber sie berge auch ein großes Problem, so werden die Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb der Partei in Folge stark zurückgedrängt. Die ÖVP hat laut Stainer-Hämmerle zwar einen neuen Spitzenkandidaten und Parteiobmann, von dem man sich viel verspricht, jedoch sei der neu eingeschlagene Weg unabhängig von der Person Sebastian Kurz nicht wirklich demokratisch.

Rechtspopulistische Führerpartei

Ob die ÖVP nun zu einer Art rechtspopulistischer Führerpartei werde hänge jetzt ganz von Kurz ab. Als Außenminister musste er nicht zu tagespolitischen Fragen in anderen Bereichen Stellung nehmen. Das wird kommen, und dann wird man laut Stainer-Hämmerle sehen ob es zu Konflikten kommt, zwischen Sebastian Kurz und seinen Haltungen und Wertvorstellungen und der Partei, mit ihren doch bereits jahrzehntelangen Grundvorstellungen.

Wallner unterstützt Kurz als neuen ÖVP-Chef

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) unterstützt die Machtübernahme in der ÖVP durch Sebastian Kurz. Kurz wurde Sonntagabend zum neuen geschäftsführenden ÖVP-Obmann gekürt. Der 30-Jährige strebt Neuwahlen an - mehr dazu in: Wallner unterstützt Kurz als neuen ÖVP-Chef.