Ritsch von schnellem Rücktritt überrascht

Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann hat am Montag all seine Funktionen zurück. Der Vorarlberger SPÖ-Landesobmann Michael Ritsch sagte Montagmittag, er sei vom schnellen Rücktritt überrascht. Als Nachfolger gibt es für Ritsch einen klaren Favoriten.

Ritsch sagte gegenüber Radio Vorarlberg, er sei davon ausgegangen, dass es zum Faymann-Rücktritt kommen werde, aber dass es so schnell gehen würde, überrasche auch ihn. Bereits am Wochenende sei klar geworden, dass der Rückhalt für Faymann bröckle. Die Mehrheit der Vorsitzenden in den Ländern sei für eine personelle und thematische Erneuerung der SPÖ, so Ritsch.

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Audio: Michael Ritsch zum Faymann-Rücktritt im Radio Vorarlberg-Interview

Ritsch traut ÖBB-Manager Kern Kanzleramt zu

Ritsch kann sich ÖBB-Chef Christian Kern als neuen SPÖ-Chef vorstellen. Diesem würde Ritsch das Kanzleramt durchaus zutrauen. Er gehe davon aus, dass Kern gute Chancen habe, wenn er das machen wolle, so Ritsch. Aber auch Medienmanager Gerhard Zeiler, Managerin Gitti Ederer oder der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser seien im Gespräch. Wer neuer SPÖ-Chef wird, soll am Dienstag kommender Woche von einem Parteivorstand fixiert werden.

Ereignisse überschlugen sich

Am Montagvormittag überschlugen sich in Wien die Ereignisse. Ritsch wurde zu einem Mittags-Treffen zwischen Bundesparteiobmann Werner Faymann und den Landesparteichefs erst gar nicht eingeladen. Auch der Obmann der SPÖ Salzburg, Walter Steidl, soll keine Einladung erhalten haben. Damit hatte der SPÖ-Chef seine schärfsten Kritiker nicht zum Treffen ins Kanzleramt gebeten. Persönlich schätze er Faymann sehr, so Ritsch am Montagmittag, er sei aber am Vormittag sehr erbost gewesen, dass sieben Landeshauptleute eingeladen worden seien und zwei - darunter er selbst - nicht.

Rücktritt als Knalleffekt

Zu Mittag folgte dann der Knalleffekt: Faymann legte seine Funktionen als Parteivorsitzender der SPÖ sowie als Bundeskanzler zurück. Das erklärte er in einem kurzen Statement nach dem Treffen mit einigen SPÖ-Landesparteichefs im Bundeskanzleramt. Der starke Rückhalt innerhalb der Partei für seinen Kurs sei verloren gegangen, begründete er seinen Schritt - mehr dazu in Kanzler Faymann tritt zurück (ORF.at, 9.5.2016). Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl soll nach Faymanns überraschendem Rücktritt interimistisch die Parteiführung übernehmen.

Mayer nicht überzeugt von genannten Kandidaten

Auch in der Vorarlberger SPÖ war die Überraschung über den Rücktritt groß. Der Vorarlberger SPÖ-Nationalratsabgeordnete Elmar Mayer, Mitglied des SPÖ-Bundesparteivorstands, sagt, er habe nicht mit einem so schnellen Rücktritt gerechnet - er hätte sich gewünscht, dass bis November offene Fragen geklärt und ein Nachfolger vorbereitet würde.

Faymanns Nachfolger müsse die Fähigkeit haben, die Partei geschlossen hinter sich zu einen. Ob einer der genannten Kandidaten diese Fähigkeit habe, wisse er nicht, er wolle das aber auch niemandem absprechen, so Mayer. Auch die Frage der Kanzlernachfolge sei zu klären - im Übrigen gehe er davon aus, dass es über kurz oder lang Neuwahlen gebe.

Loacker: „Garanten für Stillstand“

Für ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker war der Rücktritt absehbar, vom frühen Zeitpunkt zeigt aber auch er sich überrascht. Er macht keinen Hehl daraus, dass er kein Fan Faymanns war: Faymann und Pröll seien „Garanten für Stillstand“, die nur sich selbst verwalteten. Aufgeräumt gehöre nicht nur an der Parteispitze, sondern auch unter den Ministern. Auch das Verhältnis zur FPÖ sieht Loacker als problematisch an: Eine demokratische Partei generell auszuschließen und das Gespräch zu verweigern sei an sich höchst undemokratisch.

Rücktritt für andere Parteien längst fällig

Für die Vorarlberger Parteichefs war der Rücktritt Faymanns durch die Bank längst fällig. Darin herrscht Einigkeit, sonst reichen die Reaktionen von Neuwahl-Forderungen bis zum Beibehalten der Regierungsstrategie. Mehr dazu in Reaktionen auf Rücktritt von Faymann.

Sitzung mit Spannung erwartet

Ritsch rechnete im Vorfeld mit einem spannenden Sitzungsverlauf und einer offenen Personaldebatte. Bereits am Wochenende hatten sich Gegner und Befürworter Faymanns zu Wort gemeldet. Ritsch erklärte, er werde mit derselben Aussage in die Sitzung gehen, die er bereits vor zwei Wochen kundgetan habe: Er gehe davon aus, dass die große Koalition gescheitert sei.

„Die Menschen wollen das nicht mehr, das hat die Bundespräsidentenwahl gezeigt“, so Ritsch. Er habe keine Angst vor einer Richtungswahl, das sehe er sogar als Chance für die SPÖ, die daraus gestärkt herauskommen könnte mit der Ansage, keine Große Koalition mehr zu machen und so einen neuen Weg für Österreich zu gehen.

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