Muxel weist Rücktritt von sich

Nachdem neun der 15 Gemeindevertreter in Lech ihren Rückzug bekanntgegeben haben, hat einer von ihnen die Vorwürfe gegen Bürgermeister Ludwig Muxel (ÖVP) konkretisiert. Muxel verteidigte sich, Grund für einen Rücktritt sehe er keinen.

Thomas Eggler war einer jener neun Gemeindevertreter, die Bürgermeister Muxel am Mittwoch das Vertrauen entzogen und bekannt gaben, nicht mehr für die Gemeinderatswahl am 15. März zur Verfügung zu stehen. Als Grund nannte Eggler einen Tag nach dem großen Knall den Mangel an Information: „Ich habe einfach ein massives Problem, wenn ich das Gefühl habe, ich werde nur teilinformiert, falsch informiert, zu spät informiert.“

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Thomas Eggler konkretisiert seine Vorwürfe im ORF-Interview

Vor Jahren habe er begonnen, bestimmte Dinge anzuprangern. Ohne Erfolg, wie er einräumte. Das liege daran, dass sehr viele Dinge im obersten Gremium, dem Gemeindevorstand, entschieden würden, sagte Eggler. „Und was dort passiert ist, müssen wir mittragen, ob wir es wissen oder nicht, ob wir wollen oder nicht, ob es richtig ist oder nicht, oder sogar wenn wir wissen, dass es falsch ist, müssen wir es mittragen.“ Muxel warf er vor, die Signale nicht wahrnehmen zu wollen: „Wir haben einen sehr resistenten Bürgermeister nach meinem Empfinden. Und das muss ich akzeptieren.“

Muxel spielt die Angriffe herunter

Der kritisierte Bürgermeister wehrte sich: Zum einen hätten sich nicht neun Gemeindevertreter mangels Vertrauens zurückgezogen, sondern lediglich vier oder fünf. Die übrigen hätten sich auf berufliche oder private Gründe berufen. Dass er das umstrittene Thema Ferienwohnungen von der Tagesordnung gestrichen habe - an dieser Vorgehensweise hatte sich am Mittwoch die Kritik entzündet - habe damit zu tun, dass ihm ein Jurist geraten habe, erst die Novellierung des Raumplanungsgesetzes des Landes abzuwarten.

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Bürgermeister Ludwig Muxel im Gespräch mit Stefan Krobath

Auch den Vorwurf der Unehrlichkeit im Zusammenhang mit Ferienwohnungsbewilligungen für Prominente wies Muxel zurück: „Jeder einzelne Fall wurde vom Gemeindevorstand genau angeschaut.“ Promibonus habe es keinen gegeben, sagte Muxel. Die Mehrzahl der bewilligten Ferienwohnungen hätten „ganz einfachen Menschen“ gehört, „nicht irgendwelche Prominenten.“ Grund für einen Rückzug aus der Gemeindepolitik sei der Vertrauensentzug in der Gemeindevertretung nicht. Am 15. März hätten die Wähler darüber zu befinden: „Und darauf warte ich.“

Zwei Drittel der Gemeindevertretung nehmen Abschied

Neun erfahrene Gemeindemandatare, darunter auch die einzige Frau, erklärten am Mittwoch, im März nicht mehr antreten zu wollen. Sie waren zum Teil 25 Jahre in der Gemeindevertretung gewesen, hatten Ausschüsse geleitet oder dem Gemeindevorstand angehört.

Der kritisierte Gemeindevorstand mit Bürgermeister Muxel und drei Gemeinderäten sowie drei weitere Gemeindevertreter aus der alten Besetzung werden wieder kandidieren. „Das ist eine Bankrotterklärung für die Demokratie“, empörte sich ein Zuhörer nach der Sitzung am Mittwoch, „woanders geht der Kopf, wenn zwei Drittel der Mannschaft ihren Rückzug erklären - bei uns ist es umgekehrt.“

Protest öffentlich erklärt

Ihren Rückzug wollten die Gemeindevertreter als Protest verstanden wissen, zwei gaben persönliche Gründe an. In ihren Erklärungen, machten sie deutlich, dass das Vertrauen untereinander „dermaßen“ gelitten habe, so Gemeindevertreter Stefan Muxel. Er bezog sich dabei ausdrücklich auf umstrittene Bewilligungen für Ferienwohnungen.

Oberlech sei gradezu mit Ferienwohnungen verbaut. Ungeachtet dessen verhalte sich Bürgermeister Muxel wie „Saulus, der zum Paulus“ wurde. Das „Highlight der Unehrlichkeit“ sei die Sache mit Joschi Walch (Ferienwohnungs-Bewilligung für Formel 1-Fahrer Sebastian Vettel, Anm.), so Stefan Muxel weiter. „Da möchte ich nicht mehr dabei sein.“

Gemeindevertreterin Birk: „Zähe Sache“

Mit Brigitte Birk verlässt auch die einzige Frau die Gemeindevertretung. Die Gemeindepolitik sei eine „zähe Sache: ein paar Schritte vor und mehrere zurück“. Wegen des Drucks von außen und aus persönlichen Gründen stehe sie nicht mehr zu Verfügung, so Birk.

Clemens Walch kreidete Bürgermeister Muxel mangelnde Gesprächskultur an: „Ich habe dich gebeten: Formuliere die Ziele der nächsten fünf Jahre. Das hat nicht stattgefunden.“ Er wolle „so nicht weitermachen“, sagte der scheidende Gemeindevertreter am Mittwoch in seiner letzten Sitzung.

Auch Gemeindevertreter Michael Schwärzler, einer der Jüngeren in der Runde, kritisierte einen mangelhaften Informationsfluss und sprach von persönlichem Unbehagen. Da wurde gesagt, man nehme „die Last der Bewilligungen (von Ferienwohnungen, Anm.) von den Schultern“ der Gemeindevertreter, aber in vielen Dingen wäre die Gemeindevertretung nicht auf dem Laufenden gehalten worden, kritisierte Schwärzler.

Die Reaktion von Bürgermeister Muxel auf die geballte Kritik fiel knapp aus. Er danke allen Mitgliedern für ihre Arbeit und bedauere, dass sie sich nicht mehr der Wahl stellten, schloss Muxel die Sitzung.

Mehrheitswahl in Lech

In Lech findet diesmal eine Mehrheitswahl statt. Auf leeren Wahlzetteln tragen Wähler ihre Wunschkandidaten ein. Jeder Bürger mit passivem Wahlrecht kann vermerkt werden. Die Kandidaten mit den meisten Stimmen bilden die Gemeindevertretung. Aus ihrer Mitte wählen die Gemeindevertreter später den Bürgermeister. Der gestiegenen Einwohnerzahl entsprechend werden heuer 18 statt 15 Gemeindevertreter gewählt.

Die Gemeinde verschickt vorab Wahlinformationen mit 36 Namen von Bürgern, die sich auf Anfrage zur Kandidatur bereit erklärten. Am Rande der Gemeindevertretungssitzung bestätigten einige Personen ihre Kandidatur, darunter Hoteliers, Skilehrer und Bankmitarbeiter. Sie treten zum ersten Mal an.

Wiederkandidatur als Bürgermeister

Für Bürgermeister Muxel steht aus heutiger Sicht fest, dass er sich erneut der Wahl stellen wird. Die Konflikte im Gemeindeparlament würden „von außen hineingetragen“, vieles sei unwahr, begründete Muxel im ORF-Interview nach der Sitzung seine Kandidatur. Von Gegenkandidaten wisse er nichts.

Muxel wies erneut alle Vorwürfe zu Ferienwohnungsbewilligungen zurück. Wie am Mittwoch bekannt wurde, liegen der Gemeinde aktuell 75 neue Anträge vor. Dabei gehe es auch um Anlagen mit mehreren Wohnungen, was zu weit mehr als 75 Ferienwohnungen führt, räumte Muxel ein. Wie viele es genau sind, könne er nicht sagen.

Auf die Frage, wer die politische Verantwortung trägt, sollten die Anträge bewilligt werden müssen, weil andernfalls gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen werde, antwortete Muxel: Welche Verantwortung? Inzwischen sind 40 Prozent der Wohnungen nach Angaben des Bürgermeisters Ferienwohnugen. Gemessen an Haushalten sei dieser Prozentsatz noch höher, so Gemeindevertreter Clemens Walch.

Von der Tagesordnung gestrichen

Muxel hatte sich in der Vergangenheit stets als Gegner von Ferienwohnungen präsentiert. Noch vor der Änderung des Raumplanungsgesetzes im März sollte die Gemeindevertretung am Mittwoch ein schnelles Zeichen setzen. Die „besonders berücksichtigungswürdigen Umstände“ für eine Bewilligung sollte die Gemeindevertretung per Beschluss noch selbst abschaffen. Das wäre eine Fleißaufgabe geworden.

Auf Anraten von Juristen werde er den Tagesordnungspunkt aber streichen, überraschte Muxel zu Sitzungsbeginn. Wollte er damit Diskussionen zu umstrittenen Bewilligungen vermeiden, so ging das gründlich schief. Das Thema Ferienwohnungen zog sich praktisch durch die gesamte Debatte. Beim Bericht des Prüfungsausschusses äußerten sich Gemeindevertreter ebenso kritisch zu Ferienwohnungen wie beim Beschluss des Raumentwicklungskonzeptes (REK).

Die Möglichkeit, die „besonderen Umstände“ in Lech außer Kraft zu setzen, bestünden schon lange. Die Gemeindevertretung hätte den Beschluss seit zehn Jahren fassen können, hätte sie nur gewollt, heißt es unter Juristen. Das wäre im Raumplanungsgesetz vorgesehen. Die Gemeindevertretung wollte es nicht, räumte Muxel nach seiner letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode kurz und bündig ein.

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