Baugesetz verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz

Nach dem Vorarlberger Baugesetz war es bislang für Gewerbebetriebe unmöglich, sich gegen neu zuziehende Nachbarn zu wehren. Der Verfassungsgerichtshof hob die entsprechende Passage wegen des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz auf. Anlassfall war ein Egger Sägewerk.

Während Gewerbebetriebe bislang keine Möglichkeiten hatten, gegen neu zuziehende Wohnnachbarn vorzugehen, konnten Nachbarn sehr wohl gegen Lärmbelästigungen und Erschütterungen eines Betriebes mobil machen. Aus Sicht des Verfassungsgerichtshofes ist das Vorarlberger Baugesetz in diesem Punkt verfassungswidrig. Das Höchstgericht hob die entsprechende Passage nun wegen des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz auf. Anlassfall war ein Sägewerk in Egg, das seit Jahrzehnten von den Brüdern Sutterlüty betrieben wird.

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Im Video zu sehen: Robert Schneider (Rechtsanwalt der Sägewerk-Betreiber); Beitrag von Magda Rädler, Günter Assmann, Sabrina Winter

Nach Angaben der Sägewerkbetreiber wurden aufgrund von Beschwerden Lärmschutzwände errichtet. Die Nachbarn waren somit zufriedengestellt. Weitere Beschwerden der Nachbarn wies der Verwaltungsgerichtshof seit 2009 ab, weil alles erfüllt war, um unzumutbare Störungen zu verhindern. Just in dem Moment kündigte sich ein neuer Nachbar an: Die Gemeinde genehmigte ein Wohnhaus auf einer anderen Seite des Sägewerks. Die Brüder Sutterlüty bekämpften das neue Wohnhaus im Baubewilligungsverfahren und scheiterten.

Schneider: Gefährdung des Betriebes

Rechtsanwalt Robert Schneider wies auf die Gesetzeswidrigkeit der neuen Wohnnachbarschaft hin. Es gab bereits eine Rechtssprechung, die Gewerbebetrieben Nachbarrechte einräumte, sollten durch heranziehende Nachbarn neue Auflagen drohen. Die neuen Nachbarn könnten nämlich sagen, ihre Wohnqualität sei durch den Lärm des Sägewerks stark eingeschränkt. Die Betreiber des Sägewerks müssten dann mit zusätzlichen Auflagen nach der Gewerbeordnung rechnen - auch wäre eine Erweiterung des Betriebsgebiets nicht mehr möglich. Somit scheine der Betrieb auf längere Sicht gefährdet, so Schneider.

Bauverfahren geht zurück an den Start

Alle Einwendungen der Sägewerksbetreiber wurden im ersten Bauverfahren vom Bürgermeister, der Gemeindevertretung und der Bezirkshauptmannschaft als unzulässig abgewiesen. Sie argumentierten mit jener Bestimmung im Baugesetz, die bestehende Betrieben von Nachbarrechten ausschloss. Das Wohnhaus wurde gebaut, die neuen Nachbarn zogen ein. Erst kürzlich war nun die Beschwerde der Sägewerksbetreiber vor dem Verfassungsgerichshof erfolgreich: Der Verfassungsgerichthof hob die entsprechende Passage im Baugesetz auf und auch die Baubewilligung für das Wohnhaus.

Laut Schneider geht das Bauverfahren nun zurück an den Start. Die Baubehörde werde die Einwendungen der Sägewerkbetreiber anhören und bearbeiten müssen. Eine Baugenehmigung dürfte dann aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr erteilt werden, meint Schneider. Was mit dem Haus passiert, steht dann in den Sternen - in Vorarlberg sei allerdings noch nie ein neues Haus abgerissen worden, so Schneider.

Beratung über Reparatur des Gesetzes

Bürgermeisterin Theresia Handler (ÖVP) wollte sich gegenüber dem ORF Vorarlberg nicht zum Fall nicht äußern. Sie warte ab, welche Vorgaben vom Land kämen. Die Legistiker und die Raumplanung des Landes haben am Mittwoch beraten, wie das Baugesetz zu reparieren sei.