Verwirrung um Sprachförderung in ÖVP

Die Zahl von Schülern mit mangelnden Deutschkenntnissen steigt. ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück forderte deshalb in dieser Woche die Einrichtung einer Task Force. ÖVP-Landesrätin Greti Schmid ließ nun wissen, dass es eine solche bereits gebe.

Die Zahl der außerordentlichen Schüler ist in Vorarlberg in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Dabei handelt es sich um Kinder, die aufgrund eines speziellen Förderbedarfs nicht wie die anderen benotet werden.

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Im Video zu sehen: Karin Engstler (Landesschulinspektorin für den Bereich Volksschule), Bernd Dragosits (Direktor der VS Bützein Wolfurt), Gerhard Frontull (Direktor der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik); Beitrag von Bernhard Stadler, Holger Weitze, Alexander Rauch

Mehr außerordentliche Schüler an 94 Volksschulen

In den Sprachfördermaßnahmen gebe es Schwächen, deshalb brauche es eine Task Force - also eine Expertengruppe, die Schwächen und Stärken analysiert und die Ergebnisse rasch umsetzt, so ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. Er bezieht sich dabei auf Zahlen aus einer Anfragebeantwortung von Schullandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) an die FPÖ - mehr dazu in ÖVP-Klubobmann will Sprachförderung verbessern.

In der Anfragebeantwortung sind 168 Volksschulen aufgelistet. In 94 davon ist die Zahl der außerordentlichen Schüler in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. In 62 Schulen ist die Zahl gleich geblieben, in 14 Schulen ist sie zurückgegangen.

Schmid: Task Force beginnt nächste Woche mit Arbeit

Wie Landesrätin Greti Schmid am Freitag in einer Aussendung wissen ließ, bestehe eine solche - mit Fachleuten besetzte - Task Force bereits. Sie befasse sich ab kommender Woche mit dem Thema Sprachförderung. Erste Vorarbeiten dafür habe es schon im Sommer gegeben. Nächste Woche gehen die Experten dann in enger Abstimmung mit Schulen, Bildungslandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) und der Projektstelle „okay. zusammen leben“ an die Arbeit.

Frühstück will Antrag trotzdem einbringen

Frühstück gibt sich in einer ersten Reaktion zu den von Schmid verkündeten Plänen zurückhaltend. Er habe zwar mit ihr vor längerer Zeit schon einmal darüber geredet, wolle aber derzeit - wie angekündigt - seinen Antrag für die Einrichtung einer Task Force einbringen.

Grüne: Mehr Qualitätskontrollen in Kindergärten

Die Familiensprecherin der Grünen, Landtagsabgeordnete Vahide Aydin, fordert indes mehr Qualitätskontrolle in den Kindergärten. Eine Ursache für die über 2.500 Kindergartenkinder und 1.300 außerordentlichen Schüler mit Sprachdefiziten ortet sie darin, dass Sprachförderung in den Kindergärten in unterschiedlichste Qualität umgesetzt werde. Hier gelte es genau hinzuschauen um herauszufinden, welche Methoden greifen und welche nicht.

Aydin schlägt außerdem vor, sogenannte bildungsferne Eltern noch besser und eindringlicher darüber zu informieren, wie sie ihre Kinder unterstützen können. Kindergartenpädagoginnen bräuchten überdies eine deutlichere Anerkennung ihrer Leistungen und müssten besser bezahlt werden. Die Grünen verlangten deshalb seit Jahren ihre Übernahme in den Landesdienst und Gleichstellung mit Lehrern, so Ayidin.

Sanktionen, wie beispielsweise die Kürzung gewisser Sozialleistungen, wie die FPÖ es vorschlägt, lehnt Aydin ab. Das würde nur die Kinder treffen, die nicht schuld seien.

FPÖ kritisiert „Mutlosigkeit der ÖVP“

Die Freiheitlichen ihrerseits können die Mutlosigkeit der ÖVP nicht verstehen. Mit Schönrederei oder der Einrichtung einer Task-Force komme man nicht weiter, kritisiert Klubobmann Dieter Egger. Was seitens des Elternhauses bis zum Schuleintritt versäumt werde, könne während der Schulzeit kaum, bzw. gar nicht nachgeholt werden.

Die FPÖ fordert, dass Sprachförderung in den Mutter-Kind-Pass aufgenommen wird, um eine bestmögliche Integration ab Geburt sicherstellen zu können - Sprachförderung als Elternpflicht mit Sanktionen bei Pflichtverletzung. Weiters fordert Egger eine Begrenzung des Anteils von Kindern mit nicht deutscher Muttersprache in den Klassen.

SPÖ: Nachjustierung nicht notwendig

SPÖ-Bildungssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger stört besonders die Bezeichnung „Task Force“ - eine militärische Vokabel passe nicht zum Thema Sprachförderung. Ansonsten glaubt sie, dass eine Nachjustierung generell nicht notwendig sei: Lehrer der ersten Volksschulklasse sollten die Sprachkompetenz überprüfen, dann wisse man schnell, welche Kindergärten Bedarf an Förderung hätten und welche nicht. Nur weil Landtagswahlen seien, soll man diesbezüglich nichts übereilen, so Sprickler-Falschlunger.

Jagg: Sprachkenntnisse in Mutter-Kind-Pass verankern

Bruno Jagg, Direktor der Volksschule Bregenz Schendlingen, sieht das Problem unter anderem darin, dass in Familien mit Migrationshintergrund oft nicht Deutsch gesprochen werde, sagt Bruno Jagg, Direktor der Volksschule Bregenz Schendlingen. Zudem kaufe man in den Läden der Landsleute ein, gehe in ausländische Kinofilme und sehe das Fernsehprogramm des Heimatlandes.

In der Klasse seien 70 Prozent Migranten. Es gebe für die Schüler einfach keinen Druck, die deutsche Sprache zu lernen. Auch wenn Jagg nicht in ein bestimmtes politisches Eck gedrängt werden will, meint er doch, dass es Druckmittel brauche - mit gut zureden sei nicht viel auszurichten. Er schlägt deshalb vor, das Problem mittels Mutter-Kind-Pass anzugehen. Das System dabei sei ja, dass bestimmte Untersuchungen gemacht werden müssten, weil es ansonsten kein Geld gebe. Sprachliche Entwicklungs-Checks in den Mutter-Kind-Pass aufzunehmen oder zumindest eine diesbezügliche Elternschulung, wäre für ihn eine Möglichkeit, das Problem anzugehen.

Dorner: Mehr Personen, die in Schule mitarbeiten

Auch an der Volksschule Hard-Markt gibt es mehr als 40 Prozent Migrantenkinder. Jedoch bräuchten auch viele österreichischen Kinder zusätzliche Unterstützung und Förderung, sagt Direktorin Karin Dorner. Dazu sei mehr Personal notwendig - und zwar nicht nur Lehrer. Es gehe auch darum, Eltern zu beraten und auch in Erziehungsfragen zu unterstützen. Zudem brauche man auch Personen, die in der Schule mitarbeiten - wie etwa in der Ganztagsbetreuung. Sie fordert mehr Möglichkeiten, nicht nur Lehrer, sondern etwa auch Freizeitpädagogen an die Schulen zu holen.

Engstler warnt vor Schnellschüssen

Karin Engstler, Landesschulinspektorin für die Pflichtschulen Vorarlbergs, findet es prinzipiell gut, wenn das Land sich bemühe, das Theme Sprachförderung in den Fokus zu nehmen. Sie warnt jedoch vor Schnellschüssen. Es gelte erst die bestehenden Projekte zu analysieren. Ein seriöses Projekt, so Engstler, würde über sechs bis acht Jahre gehen.

Unterstützung für Pädagogen gefordert

Bernd Dragosits, Direktor der Volksschule Bütze in Wolfurt, erlebt die Arbeit in den Kindergärten als sehr professionell und positive. Dennoch bräuchten die Pädagogen sowohl in den Kindergärten als auch in den Volksschulen Unterstützung, um Problembereich gut aufarbeiten zu können. Es brauche mehr personelle Ressourcen, um präventiv arbeiten zu können.

Das sieht auch Gerhard Frontull, Direktor der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik (BAKIP) so. Die Problematik zeige sich alleine beim Praxiskindergarten der BAKIP. Hier gebe es 34 Kinder, die 14 verschiedene Sprachen sprechen. Das sei eine große Herausforderung für die Pädagogen. Er erachtet es als notwendig, die Pädagogen zu unterstützen - zum Beispiel bei der Elternarbeit.

Ab Herbst 2014 gebe es in der BAKIP einen neuen Lehrplan, bei dem besonders auch der Bereich der Sprachförderung erfasst werde, so Frontull.