181 Mio. Euro für Seestadt und Seequartier

Rund 600 Interessierte nahmen Dienstagabend an der Präsentation des aktuellen Planungsstands für das Projekt Seestadt und Seequartier in Bregenz teil. Laut Projektbetreibern werden die Kosten bei mindestens 181 Mio. Euro liegen.

Dieser Betrag setzt sich zusammen aus rund 100 Millionen Euro für die „Seestadt“, etwa 75 Millionen Euro für das „Seequartier“ und noch einmal rund sechs Millionen Euro an Beiträgen durch die Stadt Bregenz, etwa für die Seespange, die Fußgängerzone und diverse öffentliche Bereiche. Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) dazu: „Die Projekte Seestadt und Seequartier gehören zu den größten Bauprojekten in der Geschichte von Bregenz. Daher ist eine gute und abgestimmte Zusammenarbeit von Stadt und Projektbetreibern von höchster Wichtigkeit.“ Zum Vergleich: Für das Panoramahaus in Dornbirn nannten die Investoren vor Jahren ein Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro.

Fertigstellung frühestens 2017

Hinter dem Projekt „Seestadt“ stehen die Projektentwicklergruppe Prisma, die zum Spar-Konzern gehörende Spar European Shopping Centers (SES) samt der Spar-Unternehmerfamilie Drexel und die Hypo Landesbank Vorarlberg. Beim Projekt „Seequartier“ handelt es sich um die Baufirmengruppen Rhomberg und I+R Schertler, den Projektentwickler Zima, die Alpenländische Heimstätte sowie die Wohnbauselbsthilfe. Als Zeitplan nannten die Projektbetreiber für die Seestadt einen Baubeginn im dritten Quartal 2014 und im besten Fall eine mögliche Fertigstellung Ende 2016. Die Bautätigkeiten für das Seequartier werden jedoch mindestens in das Jahr 2017 hineinreichen.

Schwieriger Bauuntergrund als Kostentreiber

Wie Prisma-Vorstand Bernhard Ölz auf Anfrage der Wirtschaftspresseagentur.com erklärte, seien die von ihm genannten 100 Millionen Euro für die Seestadt „hoffentlich“ die Obergrenze. Am Beginn der Planungen vor einigen Jahren war noch von rund 80 Millionen Euro die Rede. Man habe jetzt alle Bereiche mehrfach einer detaillierten Kostenschätzung unterzogen. Die große Unbekannte und gleichzeitig der Kostentreiber sei jedoch der schwierige Bauuntergrund in Seenähe. „Das hat auch die ursprünglichen Kalkulationen durcheinandergebracht“, so Ölz. Der Bregenzer Bauunternehmer Hubert Rhomberg sagte diesbezüglich für das Seequartier, dass die genannten 75 Millionen Euro „eine Schätzung“ seien. „Das könnte noch mehr werden.“

Rund 40 Prozent mehr Verkaufs- und Handelsflächen

Ebenfalls thematisiert wurden bei der Informationsveranstaltung am Dienstagabend die geplanten Verkaufs- und Handelsflächen in der Seestadt und im Seequartier. Insgesamt bekommt Bregenz durch diese Stadtteil-Entwicklung rund 18.500 Quadratmeter an Handelsflächen dazu, wobei der Löwenanteil mit 14.000 Quadratmeter auf die Seestadt entfällt. Derzeit hat Bregenz nach Angaben von Stadtmarketing-Geschäftsführer Christoph Thoma rund 47.000 Quadratmeter an Verkaufs- und Handelsflächen, wobei die Nachfrage nach 1A-Handelsflächen groß sei und im Zentrum der Stadt derzeit nicht bedient werden könne. Mit anderen Worten: Durch Seestadt und Seequartier erhöht sich die Verkaufs- und Handelsfläche in der Landeshauptstadt um mehr als 39 Prozent.

Ein anderer Vergleich: Mit diesen 18.500 Quadratmeter an Verkaufs- und Handelsflächen stoßen Seestadt und Seequartier in eine ähnliche Größenordnung wie der Messepark in Dornbirn vor. Die reine Verkaufsfläche wird dort mit 19.000 Quadratmeter angegeben, insgesamt seien im Messepark 25.000 Quadratmeter verpachtet.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Ein Vorarlberg-Heute Beitrag von Ingrid Bertel

Verschiebungen zwischen Handelsstandorten

Diese zusätzlichen Dimensionen vertrage die Stadt auch ohne weiteres, sagte Thoma. Denn eine Regioplan-Studie aus dem Jahr 2010 mit einem Update 2012 habe gezeigt, dass in Bregenz noch Potential für insgesamt 27.000 Quadratmeter an zusätzlichen Verkaufs- und Handelsflächen gegeben sei. „Das Projekt in Bregenz wird nicht wie ein überdachtes Einkaufszentrum wahrgenommen werden. Wir sind eine Stadt mit Ausblick auf den See. Die zusätzlichen Verkaufsflächen sind auf mehrere Gebäude aufgeteilt, was ein ganz anderes Einkaufserlebnis mit sich bringt“, so Thoma. Er bestätigte jedoch auch die Erwartungen von Handelsexperten, wonach diese zusätzlichen Handelsflächen nicht nur neues Publikum anziehen werden, sondern auch zu spürbaren Verschiebungen der Besucherströme zwischen den größeren Handelsstandorten in der Region führen werden, also etwa dem Messepark oder dem Lindaupark. Das sei nun einmal auch Teil des Wettbewerbes von Handelsstandorten, so Thoma.

85 Prozent des Verkehrs in Bregenz seien Ziel- und Quellverkehr. Und auch diese Leute wolle man zum vermehrten Einkaufen in ihrer Stadt bewegen. Denn aus der Regioplan-Studie gehe auch hervor, dass Bregenz jährlich bislang einen Kaufkraftabfluss von 80 Millionen Euro verzeichne, der durch Seestadt und Seequartier auf rund 40 Millionen Euro halbiert werden könne, sagte Thoma.

Textilhandelskette Zara im Gespräch

Noch keine konkreten Informationen gab es zu den zu erwartenden Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die sich in Seestadt und Seequartier einmieten werden. Fix ist bislang nur, dass Spar in der Seestadt ein großangelegtes und hochwertiges Lebensmittelgeschäft betreiben wird. Aber noch ein Name wurde am Dienstagabend im Festspielhaus des Öfteren gehört: jener des international tätigen Textilhandelsriesen Zara, der bislang in Vorarlberg noch keinen Standort unterhält. Er könnte einer jener Magnetbetriebe werden, die gemeinsam mit einem Lebensmittelgeschäft für die Frequenz in dem neuen Stadtteil sorgen. Prisma-Vorstand Bernhard Ölz wollte sich diesbezüglich nicht äußern. Man befinde sich in Gesprächen mit über 150 Interessenten.

1.000 Tiefgaragenplätze

In der Seestadt sind zudem rund 2.000 Quadratmeter an Büroflächen sowie 60 frei finanzierte Mietwohnungen geplant. Im Seequartier ist die Rede von 100 bis 120 Eigentumswohnungen. Dazu kommen insgesamt 1.000 Tiefgaragenplätze, die beim Seequartier auf einer Ebene (400 Stellplätze) und bei der Seestadt auf zwei Ebenen (600 Plätze) angesiedelt sind. Die Kosten für die Errichtung tragen ausschließlich die Projektbetreiber. Die Stadt Bregenz ist bei der Tiefgarage nicht beteiligt. Bei den öffentlich zugänglichen Parkplätzen (ein Teil entfällt auf Wohnungseigentümer, Handelsmieter etc.) handelt es sich ausschließlich um bewirtschaftete, also kostenpflichtige Parkplätze.

Kein Kino, wahrscheinlich auch kein Hotel

Eine klare Ansage gab es von Hubert Rhomberg in Bezug auf das einmal geplante Kino am Bahnhofsareal in Bregenz. „Das ist fix kein Thema mehr. Das Gebäude müsste viel größer ausfallen und zudem stellt sich die Frage, was damit passiert, wenn der Kinobetreiber einmal auszieht. Deshalb wird es kein Kino geben.“

Eine Vorentscheidung ist auch in Bezug auf das mehrfach diskutierte mögliche Hotel beim Bahnhof gefallen. „So wie es jetzt aussieht, wird es an diesem Standort kein Hotel geben, wir planen jetzt Büros.“ Rhomberg begründet diese Entscheidung damit, dass die Wirtschaftlichkeit an diesem Standort nicht gegeben sei. „Der kleine Grundriss eignet sich nicht für ein Hotel, zudem gibt es keine ebenerdige Zufahrt. Die Gäste müssten unterirdisch über die Tiefgarage zufahren. Das ist nur schwer vorstellbar.“ Gleichzeitig hätten Interessenten klar signalisiert, dass man über eine bestimmte Pachthöhe nicht hinausgehen wolle oder könne. „Damit ist das Thema derzeit nicht mehr aktuell, auch wenn mir klar ist, dass Bregenz zusätzliche Hotelzimmer benötigen würde. Vielleicht ergibt sich ja an einem anderen Standort die Gelegenheit.“

Ölz rechnet nicht mit langfristiger Verkehrszunahme

Dass der Verkehr durch das Großprojekt langfristig steigen werde, damit rechnet Ölz nicht. Man versuche vor allem, dass die Kaufkraft, die in Bregenz abfließe zu halten. Er glaube, dass der Zuzug kompensiert werde durch Bregenzer, die in der Seestadt bleiben, sodass insgesamt keine große verkehrstechnische Veränderung zu erwarten sei.

Linhart: Untertunnelung finanziell nicht möglich

Eine Untertunnelung der Bahn - wie die Initiative „Mehr am See“ es fordert - sei derzeit finanziell nicht möglich, sagte Bürgermeister Linhart am Dienstag. Aber: die Planung sei so, dass es zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist.

Die Befürchtung so manchen Bregenzer, dass die Stadt durch das neue Projekt „verwechselbar“ werde, entkräftigte Bauunternehmer Rhomberg. Durch Feinheiten wolle man die Gebäude speziell gestalten. So werde man etwa versuchen, dass das Bahnhofsgebäude eine schöne Umhüllung bekommt. Durch solche und andere Gestaltungsmaßnahmen soll anstatt einem „riesigen Klotz“ Identifikation geschaffen werden, so Rhomberg.

Link: