Klage gegen AKW Mühleberg verzögert sich

Die Klagseinbringung Vorarlbergs gegen das AKW Mühleberg verzögert sich. Nachdem das Schweizer Bundesgericht entschieden hat, dass das AKW unbefristet weiterbetrieben darf, will Anwalt Weibel die schriftliche Urteilsbegründung abwarten.

Der Kampf Vorarlbergs gegen das 40 Jahre alte Atomkraftwerk (AKW) Mühleberg bei Bern in der Schweiz erweist sich als ein sehr zäher: Ende Februar war der Versuch bei österreichischen Gerichten gegen das Atomkraftwerk anzukämpfen endgültig gescheitert - mehr dazu in Gescheiterte AKW-Klage: Anwalt gibt Fehler zu. Ende März kam dann der nächste „Dämpfer“: Das Bundesgericht in Lausanne hatte nach einem Schweizer Rechtsstreit entschieden, dass das Mühleberg unbefristet weiter betrieben werden darf - mehr dazu in Schwerer Rückschlag für AKW-Gegner. Denn nach Ansicht des Gerichts genügt zur Gewährleistung der Sicherheit die Aufsicht des eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI).

Hier will man in Vorarlberg ansetzen: Das Gericht habe sich mit Sicherheitsfragen gar nicht befasst und das ENSI für zuständig erklärt, so Anwalt Reiner Weibel, der Vorarlberg im Kampf gegen das Atomkraftwerk Mühleberg vertritt. „Der Weg hat sich also geändert. Wir müssen uns direkt an das ENSI richten und Entzugsgründe anführen“, erläuterte er. Daran werde nun gearbeitet.

Anwalt will auf schriftliche Urteilsbegründung warten

Doch die Einbringung einer weiteren Klage Vorarlbergs verzögert sich: Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) hatte mit einer Klagseinbringung Mitte April gerechnet. Doch nun will der Berner Rechtsanwalt Rainer Weibel, der die Interessen Vorarlbergs vertreten soll, nach der Entscheidung des Bundesgerichtes vom März auf die schriftliche Urteilsbegründung warten, um so besser agieren zu können. Auf Anfrage von ORF Radio Vorarlberg sagte man beim Bundesgericht in Lausanne, bei schwierigen Fällen könne das bis zu vier Monate nach der mündlichen Entscheidung dauern - theoretisch also bis Ende Juli.

Auch Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) hofft, dass sich aus den schriftlichen Urteilen womöglich Ansatzpunkte ergeben, durch die der Erfolg des Vorhabens erhöht werden könnte, so Schwärzler am Donnerstag nach einer Sitzung mit den Vertretern der klagsbetreibenden Vorarlberger Landtagsparteien ÖVP, FPÖ, Grüne und SPÖ, der Umweltaktivistin Hildegard Breiner sowie dem von Vorarlberg beauftragten Schweizer Anwalt Rainer Weibel und Ministeriumsvertreter Andreas Molin.

Zweites Verfahren soll abgewartet werden

Zudem will Anwalt Weibel eine Entscheidung des Bundesgerichts in Lausanne abwarten. Jene Schweizer Gegner, die im März unterlegen waren, haben ein zweites Verfahren mit einer anderen Argumentation eingeleitet.

Neues Gutachten bestätigt Gefährdungspotenzial

Im Mittelpunkt der Sitzung stand am Donnerstag das weitere Vorgehen in Bezug auf das Schweizer AKW Mühleberg, das aus Sicht des Landes ein überdurchschnittliches Gefährdungspotential für Vorarlberg aufweist. Das bestätige auch das neue Gutachten, das im Auftrag der Abteilung Nuklearkoordination im Lebensministerium erstellt worden ist. „Das Gutachten wurde bereits in die Schweiz geschickt. Wir verlangen, dass die darin aufgelisteten Fragen zum Thema AKW-Sicherheit bis Ende Juli umfassend beantwortet werden“, Schwärzler nach der Sitzung klar.

Die ursprünglich verfolgte Strategie, einen Antrag auf Entzug der Betriebsbewilligung für das AKW Mühleberg auf Schweizer Seite einzubringen, wurde fallengelassen. „Das wäre aufgrund des letzten Urteils nicht mehr zweckmäßig“, begründete der Schweizer Anwalt Weibel die gemeinsam vereinbarte Neuausrichtung.

Weibel sieht Chancen auf Erfolg der Klage

Weibel ist zuversichtlich, dass eine weitere Klage Erfolg gegen das Atomkraftwerk haben wird. Die Reaktion des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats sei bisher wenig befriedigend gewesen: Es habe zum Teil auf dümmliche Art geantwortet, mit Ausflüchten oder gar nicht. Weibel hoffe auf „weniger Höflichkeit“ vonseiten Österreichs, vor allem der Politik.

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Anwalt Reiner Weibel im Interview mit ORF-Redakteurin Birgit Hackspiel

In der Schweiz sei das Volk in der Atomfrage gespalten, aber auch hier gebe es Initiativen gegen die alten AKW. „Die österreichischen Behörden können unbefangener damit umgehen als die Schweizer, weil sie keine eigenen AKW haben. In der Schweiz sind wir auf diese Unterstützung angewiesen“, betonte Weibel. Landesrat Schwärzler versicherte, man werde weiter Druck machen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, um das AKW Mühleberg abzuschalten.