„Man darf im Naturschutz nicht zimperlich sein“

Der Vorsitzende des Naturschutzrates, Univ.-Prof. Georg Grabherr, spricht im ORF Radio-Vorarberg-Samstaginterview über Chancen und Grenzen des Naturschutzes. Es brauche, wie er erläutert, für diese Arbeit eine hohe Frustrationstoleranz.

Georg Grabherr

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Georg Grabherr

Georg Grabherr hat den Naturschutz in Österreich vom Niveau lokaler Bürgerbewegungen in akademische Dimensionen gehoben. Er hat als Universitätsprofessor und international anerkannter Fachmann für Vegetationsökologie zahlreiche Gutachten über große Liftprojekte in Tirol und Straßenbauprojekte in Niederösterreich oder Salzburg erstellt. Grabherr ist seit zwölf Jahren auch Vorsitzender des Vorarlberger Naturschutzrates, der die Landesregierung in Grundsatzfragen berät.

Anfang der Woche wurde der inzwischen emeritierte Professor vom Land für seine Arbeit ausgezeichnet. Er erhielt den Wissenschaftspreises 2013. Im ORF Radio-Vorarlberg- Samstaginterview mit ORF-Redakteur Peter Metzler spricht Grabherr über Chancen und Grenzen des Naturschutzes.

Das Samstaginterview zum Nachhören:

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Audio: Georg Grabherr im Interview mit ORF-Redakteur Peter Metzler

Der Vorarlberger Naturschutzrat hat sich gegenüber großen Straßen- und Liftprojekten stets sehr kritisch geäußert. Den Bau der Skiverbindung Mellau-Damüls hat Grabherr sogar als „Sündenfall“ bezeichnet. Die Landesregierung hat aber nicht nur in diesem Fall die Empfehlung des Naturschutzrates missachtet. Grabherr sieht dennoch keinen Anlass, die Kompetenzen zu erweitern, der Naturschutzrat befasse sich mit Grundsatzfragen.

Zwischen Naturschutzrat und Politikern gebe es eine Vertrauensbasis - der Respekt sei da. Trotzdem werde sich etwa seine Meinung über Mellau-Damüls nicht ändern. Mit dem müsse die Regierung leben - nämlich, dass sie immer damit konfrontiert werde, dass der Naturschutzrat vom Projekt abgeraten habe.

Grabherr: Hohe Frustrationstoleranz nötig

Natürlich sei es frustrierend, dass die Landesregierung in wichtigen Fragen den Empfehlungen des Naturschutzrates oft nicht folge. Man dürfe im Naturschutz nicht zimperlich sein und brauche eine Frustrationstoleranz, die über das normale Maß hinausgehe, so Grabherr. Gerade von einem akademischen Naturschützer werde mehr erwartet, als von jemandem, der erst dann munter werde, wenn vor seinem Haus die Bagger auffahren.

Seine Devise laute: „Schützen durch Überzeugen“. Das habe er auch gerade in seiner Tätigkeit an der Universität Wien versucht. Dort habe er es geschafft, dass es jetzt ein Naturschutzstudium gebe. Grabherr habe 300 Leute durch seine Abteilung gehen sehen. Diese seien jetzt alle aktiv und professionell tätig und im Alltag wirksam. „Die Leute sind draußen wie die Apostel“, so Grabherr.

Kritik an Förderungs-Rückforderung von Bauern

Grabherr kritisierte im Samstaginterview die Rückforderung von Förderungen gegenüber den Bauern. Wie berichtet, sind die Vorarlberger Landwirte mit Rückforderungen von insgesamt 600.000 Euro konfrontiert. Vorgeworfen wird, dass die Größe der landwirtschaftlichen Flächen falsch angegeben worden sei - die Bauern hätten dadurch zu hohe Förderungen kassiert.

Grabherr befürchtet neben finanziellen Problemen für die Bauern auch massive Veränderungen der Landschaft. Die Bauern würden dazu gezwungen, Landschaftselemente zu beseitigen, die zum Teil unter Naturschutz stünden. Wenn sie dieser Forderung nicht nachkämen, müssten sie einen Teil der Förderung zurückbezahlen und dazu noch Strafe zahlen. Besonders verheerend wären die Auswirkungen auf die Alpflächen, sagt Grabherr.

Die Idee der Rückforderungen sei vor allem das Werk von Schreibtischtätern: Es seien Beamte, die dies erfinden würden - die Politiker würden die Konsequenzen dieser Maßnahmen dann oft nicht begreifen. Jedenfalls sei es schon eine ganz schreckliche Perspektive, die da auftauche - vor allem werde die Moral der Bauern zerstört.

Agrarförderung: Schwärzler pflichtet Grabherr bei

Agrarlandesrat Erich Schwärzler (ÖVP) stimmt Georg Grabherr bezüglich Agrarförderung völlig zu. Auch aus seiner Sicht müssen in der Alpförderung die Natur- und Landschaftselemente mitberücksichtigt werden. Die Alpbauern würden sich enorm für die Erhaltung der Naturvielfalt einsetzen, so Schwärzler - dafür dürfen sie nicht bestraft werden.

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