Dornbirn will Kfz-Stellplätze begrenzen

Im Umkreis von etwa 400 Meter rund um den Dornbirner Bahnhof soll es künftig Höchstzahlen für Kfz-Stellplätze geben. Das berichtet die Wirtschaftspresseagentur am Donnerstag. Damit soll Dornbirn zum Pilotprojekt werden.

Die Stadt Dornbirn dürfte zum Pilotprojekt für die Einführung der neuen Stellplatzverordnung werden, die Höchstzahlen an Kfz-Stellplätzen bei Privat- und Firmen- sowie Verwaltungsgebäuden in bestimmten Gebieten vorsieht. Konkret geht es um ein Areal im Umkreis von etwa 400 Meter rund um das Bahnhofsgelände. Das geht aus dem der Wirtschaftspresseagentur.com vorliegenden Entwurf für die neue Stellplatzverordnung hervor. Die geplante Verordnung des Landes bezieht sich explizit das genannte Areal. Zumindest derzeit gibt es noch keine anderen Städte oder Gemeinden, wo es zukünftig Höchstzahlen an Kfz-Stellplätzen geben soll.

Novelle im Baugesetz macht es möglich

Die Möglichkeit, mit einer Stellplatzverordnung eine Höchstzahl an Kfz-Abstellplätzen einzuführen, ergibt sich durch eine 2011 durchgeführte Novelle des Vorarlberger Baugesetzes. Dadurch wird es dem Land Vorarlberg ermöglicht, im ganzen Land oder in Landesteilen per Verordnung nicht nur Mindestzahlen, sondern auch Höchstzahlen an Kfz-Abstellplätzen zu verordnen. Im Gesetz selbst gibt es keinerlei diesbezügliche Einschränkungen, konkretisiert werden müssen die Vorgaben in der jeweiligen Verordnung.

Nachdem die geplante Stellplatzverordnung für die Ballungsgebiete in Vorarlberg im Frühjahr 2011 einen Aufschrei verursacht hatte, war es um das Thema ruhig geworden. Jetzt gibt es offenbar einen neuen Anlauf vorerst einmal nur für Dornbirn.

Gebäudebestand nicht zwingend betroffen

Von der geplanten Verordnung rund um das Dornbirner Bahnhofsareal betroffen wären neu gebaute Mehrfamilienhäuser mit drei oder mehr Wohnungen, Ferienhäuser, Betriebsstätten von Unternehmen, Verwaltungsgebäude und auch Handelsbetriebe sowie Gaststätten. Dezidiert ausgenommen sind Ein-und Zweifamilienhäuser und der gesamte Gebäudebestand. Kommt es jedoch bei bestehenden Gebäuden zu einer wesentlichen Änderung der Verwendung und dadurch zu einem zusätzlichen Bedarf an Stellplätzen, so würde die neue Verordnung auch hier greifen.

Ein Stellplatz für 2,5 Arbeitsplätze

Im Detail sehen die Höchstzahl-Beschränkungen im Entwurf vor, dass bei Mehrfamilienhäusern und Ferienwohnhäusern mit drei oder mehr Wohnungen 1,3 Kfz-Stellplätze pro Wohnung nicht überschritten werden dürfen.

Bei Handelsbetrieben orientiert sich die Beschränkung nach dem Sortiment. Bei Lebensmittelgeschäften darf es pro 15 Quadratmeter Verkaufsfläche maximal einen Stellplatz geben. Bei Handelsbetrieben mit sonstigen Waren ohne Lebensmittel ist es maximal ein Stellplatz pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche und bei Handelsgeschäften mit Waren des nicht täglichen Bedarfs darf es maximal einen Stellplatz pro 30 Quadratmeter Verkaufsfläche geben.

Bei Produktionsbetrieben ist vorgesehen, dass es maximal einen Stellplatz pro 2,5 Arbeitsplätze geben soll. Bei Beherbergungsbetreiben ist es ein Stellplatz pro Gästezimmer und bei Ausschank-Betrieben ein Kfz-Stellplatz pro drei Sitzplätze. Bei anderen Dienstleistungsbetrieben und Gebäuden und Anlagen für öffentliche Zwecke soll es sich nach dem zu erwartenden Bedarf richten.

Rüdisser: „Das ist jetzt einmal der Entwurf“

Der zuständige Landesrat Karlheinz Rüdisser erklärte auf Anfrage der Wirtschaftspresseagentur.com, dass die Stadt Dornbirn den Wunsch artikuliert habe, in diesem Gebiet eine Höchstzahl an Kfz-Stellplätzen festzulegen. „Rund um den Bahnhof gibt es ein sehr umfassendes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln. Deshalb eignet sich dieses Gebiet sehr gut dafür, um Erfahrungen zu sammeln für die Einführung von Höchstzahlen an Kfz-Stellplätzen auch in anderen Teilen des Landes“, so Rüdisser.

Dabei gehe es jedoch immer nur um bestimmte Kernzonen. Das Begutachtungsverfahren für die Verordnung sei jetzt einmal abgeschlossen. Jetzt gelte es, die vorhandenen Einsprüche und Anregungen anzusehen und gegebenenfalls die Verordnung zu adaptieren. „Noch ist diese Stellplatzverordnung nicht erlassen.“

Dornbirner Bahnhof: gute öffentliche Anbindung

Bei der Stadt Dornbirn erklärte Stadtplaner Stefan Burtscher, dass man dieses Thema im Stadtplanungsausschuss und dann in der Stadtvertretung besprochen und beschlossen habe. „Das Land kam auf mehrere Städte und Gemeinden in Vorarlberg zu und fragte, ob man in bestimmten Gebieten eine Art Probelauf für die Stellplatzverordnung durchführen könnte. Dornbirn hat mit dem Bahnhofsareal so ein Gebiet, da der Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel hier ausgezeichnet ist“, so Burtscher.

Die Stadt wolle hier zukünftig Strukturen und Einrichtungen ansiedeln, die verstärkt auf den öffentlichen Personennahverkehr zurückgreifen.

Kritik von WKV und Eigentümervereinigung

Der Entwurf der Stellplatzverordnung stößt jedoch bei der Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) und bei der Vorarlberger Eigentümervereinigung (VEV) auf wenig Gegenliebe. VEV-Präsident Markus Hagen erklärte, dass man sehr überrascht sei, dass dieses Thema jetzt wieder aufkomme, nachdem es noch vor einem Jahr beim Land geheißen habe, es soll keine solche Stellplatzverordnung mit Höchstzahlen geben. „Das ist ein neues Beispiel dafür, wie im Zuge des Öko-Wahns das Leben der Menschen immer mehr zerregelt wird. Man hat uns bislang keinen Beweis dafür geliefert, dass diese Beschränkungsmodelle überhaupt den erwünschten Zweck erreichen.“

Verfassungsjuristen würden eindeutig darauf hinweisen, dass dieser „massive Eingriff ins Eigentum“ höchst bedenklich sei. Der VEV-Präsident ist sich sicher, dass Dornbirn nur der Anfang für die Einführung der Stellplatzverordnung in weiteren Teilen des Landes ist. „Jetzt kommt man halt durch die Hintertüre.“

Die VEV bekenne sich zwar zur Notwendigkeit der Reduzierung des Individualverkehrs, aber nicht mit Mitteln des Zwanges, sondern mit Anregungs- und Fördermodellen. „Wir fordern daher, dass dieser Passus im Baugesetz, der einer Generalbevollmächtigung für das Land zum Erlassen jedweder Stellplatzverordnung gleichkommt, ersatzlos gestrichen wird“, so Hagen. Denn man wisse nicht, welche politischen Parteien in zukünftigen Landesregierungen sitzen.

WKV: „Halten nichts von Stellplatzverordung“

Der Direktor der Vorarlberger Wirtschaftskammer, Helmut Steurer erklärte diesbezüglich, dass man die geplante Stellplatzverordnung als „sinnlos“ betrachte. „Wir halten davon gar nichts. Das ist ein absolut untaugliches Mittel zur Reduktion des Individualverkehrs.“ Es sorge nur für Konfliktpotenzial zwischen Privaten und Betrieben. Man müsse sich vorstellen, was in Gegenden rund um Firmen geschehe, wenn es dort mehrmals täglich zum Schichtwechsel kommt. „Das wäre eine ständige Reibungsfläche“, so Steurer. Diese Bedenken habe man dem Land auch unmissverständlich mitgeteilt.