Bildungskonzept gegen Übergewicht gefordert

Der Ernährungsexperte Günter Diem fordert im Samstaginterview von Radio Vorarlberg die Vermittlung von Gesundheitskompetenz bereits im Kindergarten. Es brauche ein Bildungskonzept, um der steigenden Zahl von fettsüchtigen Kindern entgegenzuwirken.

Im Zeichen des ORF-Programmschwerpunktes „Österreich speckt ab“ steht am 5. Mai das Samstaginterview von Radio Vorarlberg. Der Ernährungsexperte Günter Diem äußert sich dabei im Gespräch mit ORF-Redakteur Jürgen Peschina zur Frage, wieso - auch in Vorarlberg - immer mehr Kinder fettsüchtig sind. Gegensteuern funktioniert laut Diem nicht über Kampagnen, die Kinder und Jugendliche mit Gesundheitsweisheiten berieseln. Wichtig wäre vielmehr das Herstellen von Gesundheitskompetenz.

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Audio: Günter Diem im Radio-Vorarlberg-Samstaginterview mit Jürgen Peschina

Diem: Politik gefordert

Hierfür brauche es ein entsprechendes Programm für die Kindergärten, Volksschulen und die höheren Schulen. Das heißt, man brauche ein Bildungssystem, das bereit sei, in diese Themen zu investieren, um dieses Wissen zu vermitteln. Hier seien die Bildungs-, die Umwelt-, die Wirtschafts- und die Gesundheitspolitik gefordert.

Tendenz zur Fettleibigkeit mit dramatischen Folgen

Der Anteil an fettsüchtigen Kindern hat sich zwischen 1994 und 2010
auf 5,6 Prozent verdoppelt, dazu kommen fast neun Prozent, die nicht fettsüchtig, aber übergewichtig sind. Die um sich greifende Fettleibigkeit könnte laut Diem zu einer historischen Zäsur führen - nämlich dazu, dass die Lebenserwartung erstmals in der Geschichte wieder sinkt.

Übergewicht führe neben chronisch „invalidisierenden“ Erkrankungen aber auch zu gesellschaftlichen Problemen, so Diem. Denn es stigmatisiere.

Etikettenschwindel

Die Ursachen für die steigende Gewichtszunahme ortet Günter Diem unter anderem im Ernährungs- und Bewegungsverhalten, das sich seit den 1980er-Jahren stark verändert habe. Unterstützt werde diese Entwicklung durch Marketingtrends: Ungesunde Lebensmittel würden unter Weglassung von Tatsachen oder Vorspiegelung falscher Tatsachen zu deren Verzehr verführen.

In erster Linie seien es die sogenannten „leicht verdaulichen“ Lebensmittel, die sehr viele Kohlehydrate und Zucker enthalten und die mit falschen Etiketten beworben würden. Sehr häufig sei das in Verbindung mit dem Wort „Milch“ festzustellen.

Essen außer Haus hat zugenommen

Neben genetischen Ursachen spiele auch die Erziehung eine Rolle, verdeutlicht Diem. Denn Essen sei auch ein sozialer Akt. Und hierbei habe sich gewaltig viel verändert. Immer weniger stehe Essen für etwas, das Genuss und Lebensfreude vermittelt. Es werde immer häufiger auswärts und immer weniger zu Hause gegessen. Zudem würde beim Kochen verstärkt auf Fertignahrung zurückgegriffen. Frisches Obst und Gemüse kämen seltener in Verwendung, zeigt Diem auf.