„Gestickte Moral“ in Hittisau

Sinnige, unsinnige, religiöse und moralisch-belehrende Weisheiten: Sie waren bis 1950 in den meisten Haushalten zu finden, in gestickter Form auf Tüchern. „Gestickte Moral“ heißt die neue Ausstellung im Frauenmuseum in Hittisau, die auch, aber nicht nur von früheren Rollenzuschreibungen und Wertevorstellungen erzählt.

Der Aufruf des Frauenmuseums, bestickte Spruchtücher zu schicken oder ganz einfach vorbei zu bringen, hat Früchte getragen. Über hundert Leihgaben und Schenkungen erzählen von einem Leben, das bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Rolle der Frauen ganz eindeutig festlegte: als Ehefrau, Mutter und Hausfrau. Sprüche wie „Der größte Schatz für einen Mann ist eine Frau, die kochen kann“, zeugen davon.

Doch die von Stefania Pitscheider-Soraperra kuratierte Ausstellung soll nicht nur widerspiegeln, sondern auch ironisieren und brechen. Deshalb wurden zehn Textilkünstlerinnen beauftragt, Werke für diese Ausstellung zu schaffen.

Beitrag von Annette Raschner. Sie sehen Beate Luger-Goyer, Ausstellungsgestaltung, Stefania Pitscheider-Soraperra, Kuratorin und Museumsleiterin, Textilkünstlerin Renate Hinterkörner.

Zeitgenössische Stickarbeiten

Wenn man nun das von Beate Luger-Goyer gestaltete Eigenheim aus Papiergewebewänden betritt und mit Sprüchen wie „eine Küche ohne Frau ist eine Blume ohne Tau“ konfrontiert wird, fällt der zweite Blick auf einen Teppich, auf den die Vorarlberger Künstlerin Christine Lederer den Satz „Never do the right thing“ - tu niemals das Richtige - gestickt hat.

Renate Hinterkörner wiederum hat augenzwinkernd fünf karierte Trockentücher mit den vermeintlichen Pflichten der Ehefrau bestickt: Krankenpflege und Geschlechtsverkehr sind zwei davon.

Und nicht zuletzt erzählt die Ausstellung auch von einer Handwerkskunst, die seit den 1990er Jahren unter jungen Kunstschaffenden eine Art Renaissance wieder erlebt, allerdings in einer etwas anderen Ausformung als noch vor einigen Jahrzehnten.