Bluttat: Anwälte sprechen von „Vorverurteilung“

Die Verteidiger jenes Mannes, der im Februar einen Beamten der BH Dornbirn erstochen haben soll, kritisieren die Vorverurteilung ihres Mandanten - aber auch die Vorgehensweise der Behörden.

Die Anwälte des Tatverdächtigen machen sich Gedanken darüber, ob ihrem Mandanten ein faires Strafverfahren zuteilwird. „Es hat Vorverurteilungen medialer und politischer Natur gegeben“, sagt Anwalt Stefan Harg. Man bekomme sogar den Eindruck, dass die Unschuldsvermutung für seinen Mandanten nicht gelte. Eine Verlegung des Verfahrens sei aber schwer durchzusetzen - man vertraue hier auf die Vorarlberger Justiz.

Kritik an Vorgehensweise der Behörden

Bei der Durchsicht der Akten habe er festgestellt, dass sein Mandant schon als Kind von den Behörden nicht rechtlich korrekt behandelt worden sei. Als er 13 Jahre alt gewesen sei, habe die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn dem Tatverdächtigen angedroht, er müsse Österreich verlassen, wenn er sich nicht benehme. Eine solche Androhung für ein in Vorarlberg geborenes, türkisches Kind sei nach damaliger Gesetzeslage völlig unzulässig gewesen, sagt Harg.

Anwälte kritisieren Vorverurteilung

Die Verteidiger jenes Mannes, der im Februar einen Beamten der BH Dornbirn erstochen haben soll, kritisieren die Vorverurteilung ihres Mandanten.

Dieses Muster ziehe sich weiter: Mit 14 Jahren habe der Mann unterschreiben müssen, dass man ihn abschieben werde. Eine dritte Androhung sei mit 17 Jahren erfolgt - „obwohl auch hier wieder die Rechtsgrundlagen völlig gefehlt haben“, so Harg.

Aufenthaltsverbote ungültig

Auch die verhängten Aufenthaltsverbote gegen den Tatverdächtigen in den Jahren 2008 und 2009 sind für Harg aufgrund der Aktenlage ungültig. Eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofs untermaure seine Ansicht: „Das ist nur zustande gekommen, weil der Gesetzgeber im Jahr 2005 unionsrechtswidriges Fremdenrecht eingeführt hat. Das hat dann zu einem späteren Zeitpunkt der Europäische Gerichtshof auch festgestellt, dass diese Art von Verschlechterungen für türkische Staatsbürger unzulässig sind.“

Beide Aufenthaltsverbote werden jetzt von Harg angefochten. Sollte seine Rechtsmeinung bestätigt werden, wäre sein Mandant rechtmäßig in Vorarlberg gewesen. Hargs Einschätzung zufolge könne man der Behörde daher nicht vorwerfen, dass sie den späteren Tatverdächtigen einreisen habe lassen. In den nächsten Tagen soll entschieden werden, ob der Tatverdächtige von Innsbruck wieder zurück in die Justizanstalt Feldkirch verlegt wird.