Notarsprecher: „Gebundene Testamente gültig“

Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) könnten tausende Testamente in ganz Österreich ungültig sein. Das bestätigt Richard Forster, der Sprecher der Vorarlberger Notare. Gebundene Testamente seien aber nicht betroffen.

Der OGH hat in einem Vorarlberger Erbschaftsstreit ein Testament aus formalen Gründen für ungültig erklärt. Der Grund: die Zeugen hatten nicht auf der Urkunde unterschrieben, sondern auf einem losen und leeren Blatt, das dem Testament angehängt war - mehr dazu in Tausende Testamente österreichweit ungültig?

Forster spricht von „krassem Fall“

Notarsprecher Forster bestätigt, dass durch das Urteil zahlreiche - vor allem privat erstellte - Testamente ungültig sein könnten. „Es besteht auf jeden Fall Unklarheit“, sagt der Feldkircher Notar. Die Entscheidung des OGH in einem Vorarlberger Erbrechtsstreit bezeichnet Forster als nachvollziehbar. Es bestehe nun aber „das Risiko, dass der krasse Fall zu Verallgemeinerungen führen könnte“.

Debatte über Gültigkeit von Testamenten

Nach einem OGH-Urteil könnten tausende Testamente in ganz Österreich ungültig sein. Das bestätigt der Sprecher der Vorarlberger Notare.

Wie viele Testamente in Österreich formal ungültig sein könnten, lasse sich nicht abschätzen, sagt Forster. Im Zentralen Testamentsregister sind laut Österreichischer Notariatskammer derzeit rund 2,3 Millionen Dokumente erfasst. Jährlich kommen demnach etwa 80.000 Testamente hinzu.

Notare benutzen Bindfaden und Siegel

Von Notaren erstellte, gebundene Testamente sind nach Ansicht von Forster aber weiter gültig. Bei Notaren würden Testamente nämlich in gebundener Form verfasst - mit Bindfaden und Siegel. Solche Testamente seien vom OGH-Urteil nicht betroffen, sagt Forster, sondern nur jene, bei denen die Blätter ausgetauscht werden können.

Durch die seit Jänner 2017 gültige Erbrechtsreform habe sich in dem vor dem OGH gelandeten Fall aus dem Jahr 2016 nichts geändert, sagt Forster. Die Formvorschriften für Testamente wurden damit nur noch strenger. Der Vorarlberger Notarsprecher glaubt, dass aufgrund des OGH-Urteils Notare und Rechtsanwälte bei der Erstellung von Testamenten künftig deutlich strengere Maßstäbe anlegen werden.

Mennel: „Zeitpunkt der Unterschriften entscheidend“

Rechtsanwalt Martin Mennel, der den anlassgebenden Testamentsfall vor den OGH gebracht hat, teilt die Rechtsansicht von Notarsprecher Forster nicht. Entscheidend sei nämlich der Zeitpunkt der Unterschriften.

Es genüge nicht, Testamentszeugen auf einem leeren Blatt unterschreiben zu lassen und dieses dann zusammen mit den Testamentsblättern zu einer Urkunde zusammen zu binden und zu siegeln. Auch solche von Notaren erstellten Testamente sind nach Ansicht von Mennel ungültig.

Keine große Sorge im Justizministerium

Im Justizministerium gehen die Verantwortlichen nach dem OGH-Urteil nicht von einer großen Zahl weiterer Fälle aus. „Wir sehen das bei weitem nicht so tragisch“, sagt Zivilrecht-Sektionschef Georg Kathrein. Er sehe nicht die Gefahr, dass massenweise Testamente ungültig sein könnten. Auch rechtliche Unsicherheiten ortete der Sektionschef nach dem OGH-Beschluss nicht. Den Gesetzestext sieht er klar genug definiert.

Bei dem vom OGH beanstandeten Testament in Vorarlberg habe es sich um einen speziellen Fall gehandelt. „Testamente sind meistens kurz“, sagt Kathrein. Wenn es über zwei Seiten - also ein Blatt - hinausgehe, dann werde es in der Regel gebunden oder geheftet. Bei Bedenken zu bestehenden Testamenten empfahl der Jurist, den Anwalt oder Notar zu kontaktieren, bei dem das Dokument angefertigt wurde, und dieses noch einmal zu überprüfen.

Drei Zeugen müssen gleichzeitig anwesend sein

Der Erblasser muss seine Unterschrift mit einem handschriftlichen Zusatz bekräftigen, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält (z.B. „Das ist mein letzter Wille.“). Außerdem müssen drei Zeugen ununterbrochen und gleichzeitig anwesend sein. Bisher war es ausreichend, wenn von den drei Zeugen zumindest zwei bei der Unterzeichnung durch den Erblasser dabei waren.

Die Identität der Zeugen muss mit Vor- und Familienname, Geburtsdatum sowie Adresse aus dem Testament hervorgehen. Sie müssen auf der Urkunde mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden und eigenhändig geschriebenen Zusatz (z.B. „als Testamentszeuge“) unterschreiben.