Aleviten zu NBZ-Brief: „Österreich ist Heimat“

In der Diskussion über einen öffentlichen Brief der NBZ schaltet sich nun die alevitische Glaubensgemeinschaft Vorarlberg ein. Sie verurteilt das Schreiben scharf. Österreich sei für zehntausende türkische Zuwanderer sehr wohl zur Heimat geworden.

Selçuk Duman, Vorsitzender der alevitischen Glaubensgemeinde Aleviten

Alevitische Glaubensgemeinde

Selçuk Duman

Der Vorsitzende der alevitischen Glaubensgemeinde Vorarlberg, Selçuk Duman, und ihr Pressesprecher Ethem Şahin
finden in einer Aussendung klare Worte gegen das Schreiben der „Neuen Bewegung Zukunft“ (NBZ). Darin war nahegelegt worden, dass zahlreiche in Österreich lebende Türken in die Türkei zurückkehren wollen würden, unter der Voraussetzung, dass ihnen einbezahlte Sozialbeiträge rückerstattet würden - mehr dazu in Wirbel um türkischen „Ausreise“-Brief und NBZ fühlt sich missverstanden.

Die NBZ versuche ebenso wie die „Union europäisch-türkischer Demokraten“ (UETD), die nationalistische Politik der türkischen Regierung nach Österreich zu tragen, so Duman. Das spalte die Gesellschaft und gebe seinerseits nationalistischen Kräften in Österreich Auftrieb.

„Österreich ist für zehntausende Heimat geworden“

Es stimme ganz einfach nicht, dass ein Großteil der türkischstämmigen Menschen in Österreich keine Heimat gefunden hätten und nicht respektiert würden, wie das die NBZ zu suggerieren versuche. Für Zehntausende Zuwanderer aus der Türkei und ihre Kinder sei Österreich sehr wohl zur Heimat geworden, erklärt Duman. Für sie sei es wertvoll, in einem Staat ohne religiösen und politischen Zwang zu leben.

„Wenn Leute glauben, dass sie woanders ein besseres Leben haben, dann steht es ihnen frei, dorthin zu gehen. Dazu braucht es aber keine nationalistische Propaganda wie von NBZ und UETD. Jeder kann das selbst entscheiden“, findet Duman klare Worte.

NBZ beklagte fehlende Empathie

Die NBZ, die über vier Sitze in der Vollversammlung der Arbeiterkammer Vorarlberg verfügt, hatte in ihrem Offenen Brief festgehalten, dass seit dem Putschversuch in der Türkei das „Vertrauen und das Zugehörigkeitsgefühl von Menschen, die seit einer geraumen Zeit in Österreich leben, aber immer noch im ursprünglichen Heimatland [...] verwurzelt sind, rapide abgenommen hat“. Es fehle an Empathie, und die Aussagen von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) seien „an Feindseligkeit der Türkei und ihrer Demokratie (gegenüber, Anm.) [...] kaum zu übertreffen“.

Deshalb seien Dutzende Arbeiter dazu bereit, mitsamt ihren Familien Österreich zu verlassen. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, „dass ihnen die bisher einbezahlten Sozialleistungen wie auch die Beiträge in die Pensionskasse ausgehändigt werden“.

Wallner winkte ab

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) forderte in einer Reaktion ein klares Bekenntnis zu Vorarlberg. Er räumte ein, dass „viele türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger durch ihren Einsatz einen Teil zum Wohlstand dieses Landes beigetragen“ haben. Sie hätten aber nicht nur in das Sozialsystem einbezahlt, sondern auch unzählige Leistungen in Anspruch genommen. „An einer gegenseitigen Aufrechnung der Leistungen kann also niemand interessiert sein“, stellte Wallner klar. Mehr dazu in Wallner fordert klares Bekenntnis zu Vorarlberg.