Landesvolksanwalt kritisiert Polizeieinsatz

Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda übt scharfe Kritik am Einsatz rumänischer Polizisten auf Vorarlbergs Straßen. Die neuntägige Aktion sei schlecht vorbereitet gewesen, die Ziele unklar. Sollte in Richtung Menschenhandel ermittelt worden sein, wären Armutsreisende die Opfer.

Die Landespolizei-Direktion Vorarlberg zog vergangene Woche zwei rumänische Polizisten zum Streifendienst bei. Dabei sollten allfällige Verstöße gegen Bettelregeln - etwa aggressives und organisiertes Betteln - aufgedeckt werden, hieß es. Anzeigen wollte die Polizei über die Bezirkshauptmannschaften auch an die rumänischen Behörden weitergegeben. Gleichzeitig hoffte die Polizei auf kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Personenkreis der Armutsreisenden.

Landesvolksanwalt ortet Unzulässigkeiten

Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda kritisiert den rumänischen Polizeieinsatz heftig. Im Zuge der Kontrollen kamen ihm angebliche Drohungen zu Ohren. Die rumänischen Polizisten sollen ihren Landsleuten demnach mitgeteilt haben, bei Nicht-Bezahlung von Verwaltungsstrafen in Österreich, drohe in Rumänien Gefängnis.

Bachmayr-Heyda hält die angebliche Polizeiaussage für „grundfalsch“ und „rechtlich unzulässig“. Gegenüber dem ORF sagte der Landesvolksanwalt, das österreichische Innenministerium habe bestätigt, Rumänien verweigere systematisch die Amtshilfe bei Verwaltungsstrafen. Demnach können österreichische Verwaltungsstrafen in Rumänien nicht vollstreckt werden.

„Sicherheit wird hochgespielt“

Bachmayr-Heyda hält den neuntägigen Polizeieinsatz insgesamt für übertrieben. Damit werde im Zusammenhang mit Armutsreisenden das Thema Sicherheit „hochgespielt“. Armutsreisende seien vielmehr eine Aufgabe der Sozialarbeit. Wenn von Menschenhandel und organisierter Kriminalität gesprochen werde, sind armutsreisende Menschen als Opfer zu betrachten, die man unterstützen müsse, so der Landesvolksanwalt.

Insgesamt sei nicht ganz klar gewesen, warum rumänische Polizisten beigezogen worden sind, so Bachmmayr-Heyda. Es sei etwas anderes, wenn man wegen Betrugsdelikten oder Einschleichdiebstählen ermittle. Hier sei eine Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden wichtig.

Die Polizei hatte allerdings zuvor - im Rahmen einer Pressekonferenz - mitgeteilt, Einschleichdiebstähle kämen in Vorarlberg selten vor und von einem Anstieg könne keine Rede sein. Es sei auch kein einziger konkreter Verdachtsfall von Menschenhandel in Vorarlberg bekannt.

Die Polizei räumte damals ein, man wolle allenfalls Betrugsdelikten nachgehen, etwa Notreisende suchen, die Behinderungen vortäuschten. Konkrete Fälle seien auch diesbezüglich nicht bekannt, so die Polizei.

„Maßnahmen vermitteln falsches Bild“

Mit öffentlichkeitswirksamen Polizeikontrollen von Armutsmigranten entstehe ein falsches Bild. Laut Bachmayr-Heyda entstehe der Eindruck, dass die österreichischen Behörden nicht in der Lage sind, dieses Problem - sofern es überhaupt ein Problem ist - in den Griff zu kriegen. „Ich glaube, dass dieser Eindruck vollkommen falsch ist,“ betont Bachmayr-Heyda.

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Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda im Interview

Zusammen mit Vorarlbergs Sozialeinrichtungen verlangt Bachmayr-Heyda, es sollte zur Kenntnis genommen werden, dass Menschen aus Armutsgründen nach Vorarlberg kommen, um zu betteln. Man sollte sich überlegen, wie diesen Menschen geholfen werden kann, so der Landesvolksanwalt.

„EU-Richtlinie wird nicht berücksichtigt“

Aus Sicht des Landesvolksanwaltes widerspricht die aktuelle Vorgangsweise in Vorarlberg der EU-Richtlinie zur Integration der Minderheit der Roma. Vorarlberg habe die Richtlinie unterschrieben und sei verpflichtet, Maßnahmen zu setzen, „egal ob ein fixer Wohnsitz vorliegt, die Menschen auf der Durchreise sind oder Betteln“. Das Bundeskanzleramt fordere dazu jährliche Berichte von der Vorarlberger Landesregierung ein.

Innenministerium erhielt Sachverhaltsdarstellung

Inzwischen wurden weitere Vorwürfe bekannt. Das Innenministerium bestätigt den Eingang einer Sachverhaltsdarstellung aus Vorarlberg. In diesem Schreiben, das dem ORF vorliegt, wirft Rechtsanwalt Anton Schäfer, der einige EU-Staatsbürger rechtlich vertritt, den rumänischen Polizisten rechtswidriges Handeln vor. Da geht es u.a. um das Tragen von Uniformen auf österreichischem Hoheitsgebiet oder rechtswidrige Erkundigungen zu Personen in Vorarlberg. Das werde geprüft, heißt es dazu aus dem Inneministerium von Sprecher Karl-Heinz Grundböck vergangene Woche.

Bilanz steht noch aus

Für eine Bilanz zum Polizeinsatz warte die Landespolizeidirektion noch auf Daten der Bezirkshauptmannschaften, so Polizeisprecherin Susanne Dilp am vergangenen Freitag. Nach Angaben der Polizei halten sich etwa 150 Menschen aus Rumänien in Vorarlberg auf. Es ist unbestritten, dass einige um Almosen betteln, einige Arbeit gefunden haben. Da billige Unterkünfte fehlen, übernachten Frauen und Kinder auch wieder im Freien.

Vorarlberg trägt „Tagesgebühr“ und Hotelkosten

Zu den Kosten des Polizeieinsatzes wurde dem SPÖ-Landtagsclub aus dem Büro von Sicherheits- und Integrationslandesrat Erich Schwärzler (ÖVP) mitgeteilt: „Laut Auskunft der Landespolizeidirektion Vorarlberg werden die Kosten für die Anreise und der Gehalt der erwähnten zwei rumänischen Polizisten für die Dauer ihres zehntägigen Einsatzes in Vorarlberg von der rumänischen Polizei getragen. Die Kosten für die Unterkunft und eine Tagesgebühr werden von der Landespolizeidirektion Vorarlberg übernommen.“

Zu den Vorwürfen gegenüber rumänischen Polizisten war von der Landespolizeidirektion Vorarlberg bislang keine Stellungnahme zu bekommen. Eine schriftliche Anfrage des ORF-Vorarlberg dazu blieb unbeantwortet.

ÖVP verteidigt Polizeieinsatz

ÖVP-Landtagsabgeordneter und Sicherheitssprecher Thomas Winsauer betont in einer Mitteilung an die Medien am Dienstag: „Das professionell organisierte Betteln ist ein europäisches Problem, weil die Bettler in ganz Europa aktiv sind. Die Vernetzung der Sicherheitsbehörden ist da ein logischer Schritt“.

Winsauer bezeichnet die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen Österreich und Rumänien als „Gebot der Stunde“. Auf die Frage, ob ihm Fälle organisierten Bettelns in Vorarlberg bekannt seien - die die Polizei bisher ausgeschlossen hatte - meinte Winsauer, das sei „umso besser“. Winsauer räumt ein, dass zum Einsatz der rumänischen Polizisten noch kein Abschlussbericht vorliege. Trotz unbekannter Daten lobt Winsauer „insbesondere die aktive Rolle der Landespolizeidirektion“ in dieser Sache. Die beiden Landtagsabgeordneten Adi Groß und Nina Tomaselli von den Grünen hatten den rumänischen Polizei-Einsatz als „Schikane“ gegen Armutsreisende verurteilt.

Zusammenarbeit basiert auf Rumänienreise

Winsauer führte weiter aus: „Auch andere Behörden, etwa auf kommunaler Ebene und im Sozialbereich, betreiben bei diesem Thema einen intensiven internationalen Informationsaustausch“. Auf die Frage, was damit gemeint sei, verweist Winsauer auf die Rumänienreise und den umstrittenen Bericht von Entwicklungs-Landesrat Johannes Rauch (Grüne) und Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (ÖVP).

Seitdem habe man in Rumänien Ansprechpartner und sei entsprechend vernetzt, erläutert Winsauer. So könne man von Dornbirn aus Adressen von Hilfsprojekten rumänischen Staatsbürgern mitgeben, an die sie sich im Heimatland wenden könnten. Außerdem folge er der Ansicht von Pater Sporschill, wonach Armutsreisenden ausschließlich in ihrer Heimat geholfen werde könne, so der ÖVP-Sicherheitssprecher.

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