Anwälte-Präsident plädiert für Menschlichkeit

Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff hat beim Anwaltstag in Feldkirch zu einem Überdenken der Grundhaltung zu Flüchtlingen aufgerufen. Man müsse Arme und Herzen öffnen. Zudem verwies er auf die „Grund- und Freiheitsrechte der Vertriebenen“.

Bei der Eröffnung des Anwaltstags in Feldkirch am Freitag sagte Wolff, man müsse die Grundhaltung zu politischen Flüchtlingen und Wirtschaftsflüchtlingen überdenken: „Öffnen wir nicht nur unsere Arme, sondern vor allem unsere Herzen für all jene, die aus Not und Bedrängnis zu uns kommen.“

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Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff im Gespräch mit ORF Vorarlberg-Redakteur Gerhard Mathis.

„Regeln müssen eingehalten werden“

Wolff verwies auf niedrige Geburtenraten und den Anteil von Zuwanderern am Bevölkerungswachstum. „Wer seine Kinder quer durch Europa trägt, damit diese eine bessere Zukunft haben, der ist stark. Der ist entschlossen. Der ist fähig, gemeinsam mit uns, unser Land zu entwickeln“, so Wolff.

Natürlich brauche es dazu ein funktionierendes, praxistaugliches Regelwerk, das Flüchtenden Schutz und Hilfe garantiere, sie aber auch in die Pflicht nehme. „Genauso selbstverständlich wie Menschen auf ihrer Reise von Syrien nach Europa in Österreich de facto auf Nahrung, Kleidung und Schutz angewiesen sind, sind wir alle auf Regeln angewiesen, die eingehalten werden müssen, um Angst und Hass keine Chance zu geben“, sagte Wolf. Diese müssten aber auch rechtsstaatlich und praxistauglich sein. „Menschlichkeit und Reglementierung sind kein Widerspruch, sofern die Regeln menschlich sind.“

Die bei dem Treffen in Feldkirch vertretene Anwaltschaft Österreichs und Liechtensteins verstehe sich auch als Hüter und Wahrer der Grund- und Freiheitsrechte. „Auch und insbesondere für Vertriebene aus den Krisenregionen unserer Welt“, betonte der Kammerpräsident.

Anwälte fordern sofortige Traifanpassung

Beim Anwaltstag fordern die österreichischen Rechtsanwälte die sofortige Inflationsanpassung des gesetzlichen Rechtsanwaltstarifs sowie künftig eine automatische Valorisierung. Seit 2008 sei dies nicht mehr geschehen, die Geldentwertung betrage bereits über 15 Prozent, so Wolff.

Als erste Protestmaßnahme kündigte Wolff an, in den internen Gremien die Aussetzung der kostenlosen „Ersten Anwaltlichen Auskunft“ in den Rechtsanwaltskammern vorzuschlagen. Beraten wird dies am Samstag. „Wir wissen, dass dies die rechtsuchende Bevölkerung belasten kann, aber auch die Amtstage der Gerichte“, so Wolff laut einer Aussendung. Zu bedenken sei jedoch, dass auch die Entwertung des Tarifs zulasten der Bevölkerung erfolge, weil der Kostenersatzanspruch für die obsiegende Partei ebenfalls danach bemessen wird.

40.000 Bürger unentgeltlich beraten

Auch diesmal legte der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) seinen Tätigkeitsbericht vor. Rund 40.000 Bürger wurden demnach im Vorjahr von den 5.940 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten (Stand per 31.12.2014) unentgeltlich vertreten oder beraten. Es erfolgten österreichweit 22.213 Bestellungen von Rechtsanwälten zu Verfahrenshelfern (15.253 in Strafsachen, 6.960 in Zivilsachen). Der Wert der dabei für die Betroffenen unentgeltlich erbrachten Leistungen betrug laut ÖRAK knapp 38 Millionen Euro.

Kritik an kurzen Begutachtungsfristen

Im Rahmen der „Ersten Anwaltlichen Auskunft“ erhielten über 18.000 Bürger kostenlos anwaltlichen Rat. Der unter 0800 376 386 rund um die Uhr erreichbare „Festnahme Notruf“ verzeichnete seit 2008 rund 3.000 Kontaktaufnahmen.

Eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr ist auch bei der Anzahl der vom ÖRAK begutachteten Gesetzes- und Verordnungsentwürfe festzustellen. Waren es 2013 noch 136 Entwürfe, wurden im aktuellen Berichtszeitraum beachtliche 179 Entwürfe unter die Lupe genommen. Kritik gibt es insbesondere an den meist viel zu kurzen Begutachtungsfristen und dem Gesetzgebungsverfahren an sich.