Markus Hofer: „Kinder brauchen Väter“

Der Leiter des Männerbüros der Diözese Feldkirch, Markus Hofer, spricht in der Sendung „Focus“ bei ORF Radio Vorarlberg über das Thema „Kinder brauchen Väter. Sie sind wie die Butter - unersetzbar“.

Die Sendung zum Nachhören:

Sind Väter wichtig?

Die österreichische Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek haben die Väter dazu aufgerufen, stärker vom Angebot der Väterkarenz und des Papamonats Gebrauch zu machen. Die Überlegung dahinter seigewesen, dass die Mütter entlastet und wieder früher zur Arbeit zurückkehren könnten. Der Leiter des Männerbüros der Diözese Feldkirch, Markus Hofer, begrüßt die Aufforderung, ihm fehle aber die Erwähnung, dass Väter „wichtig und durch nichts zu ersetzen sind.“ Die Aufgabe des Vaters sei viel mehr als nur die Entlastung der Mutter. Väter seien wie Butter; sie könnten durch nichts ersetzt werden. Natürlich gelte das im selben Maß für Mütter. „Die Bedeutung der Väter hat sich aber noch nicht so durchgesprochen,“ leitet Hofer ein.

Sendungshinweis:

„Focus“, 14.6.2013

Bis in die 70-er Jahre hinein habe die Fachmeinung gegolten, wenn es nicht anders gehe, reiche auch die Mutter. Es waren die Erfahrungen der Familientherapie: Dafür, dass aus Söhnen ganze Männer und aus Töchter ganze Frauen werden, sei nicht nur die Mama wichtig, sondern auch eine gute Beziehung zum Vater. Studien hätten bewiesen: Fehlende Väter müssten nicht zwangsläufig, könnten aber zu gröberen Störungen führen.

Die vaterlose Gesellschaft

Beim geschichtlichen Rückblick wird deutlich, dass die Männer vor 200 Jahren hauptsächlich Bauern, Handwerker und Kaufleute waren. Familiär hat das bedeutet, dass sie dort gearbeitet haben, wo ihre Familie war. Familie und Beruf waren eine Einheit. Mit der industriellen Revolution kam die Auslagerung der Arbeit in die Industriebetriebe. Hier ist die Wurzel der strukturellen Entfremdung zwischen Vätern und Kindern. Dabei kommt die Frau in die reine Mutterrolle.

Aufbruch der jungen Väter

Die jungen Väter hätten ein neues Bewusstsein für ihre Vaterschaft und sie wollten für ihre Kinder wichtig sein: „Hier vollzog sich eine radikale Veränderung innerhalb einer einzigen Generation. Wenn ich denke, mein Vater durfte bei der Geburt bei allen seinen fünf Söhnen nicht dabei sein,“ nimmt Markus Hofer Bezug auf seine eigene Familie. Heute sei das eine Selbstverständlichkeit. Man sehe Väter schon beim Schwangerschaftsturnen. Die Väter benötigten aber mehr Unterstützung - gesellschaftliche, rechtliche und betriebliche. Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei zwischenzeitlich auch ein Väterthema, ergänzt Hofer.

Der Fokus auf die Väter richte sich nicht gegen die Mütter, sagt Markus Hofer. Es gehe um eine Entlastung der Mütter und ein Teilen der Verantwortung. Kinder benötigten Fürsorge und Grenzen, Nähe und Distanz, Geborgenheit und Herausforderung, sie bräuchten die emotionelle Umklammerung und den aufrechten Halt. Die Kinder bräuchten beides - und um beides leisten zu können, würde für ein Elternteil allein zu viel sein.

Die Vater-ROLLE

Der Vater habe in der familiären Dynamik eine eigene Rolle, so Hofer. Man sage heute oft, es brauche nur eine liebende Bezugsperson, so als ob diese Person geschlechtsneutral sei. „Wir sind aber geschlechtlich gefasst und es gibt uns nur als Mann oder als Frau. Schon der Blick beim Ultraschall ist eindeutig, wenn es um die Feststellung des Geschlechts geht,“ meint Markus Hofer. Das setze sich nach der Geburt fort: Der kleine Bub werde anders behandelt als das Mädchen.

Vater und Sohn

Der Start ins Leben beginne mit einer engen Symbiose von Mutter und Kind. Mit dem Aufbruch durch die Triangulierung, die Dreiecksbeziehung, geschehe ein wichtiger Schritt, indem der Vater in diese Beziehung mit einbezogen wird. Ein Prozess der mitunter nicht immer die Zustimmung de Mutter finde, weil sich plötzlich Papa in Entscheidungen einmischt. Fehle der Vater und komme es nicht zur Triangulierung, könne die Abnabelung von der Mutter misslingen. Die Söhne bräuchten das männliche Gegenüber, das männliche Vorbild - Vorbild heiße aber nicht Idealbild, sondern ein greifbares Bild von Mann, das die Söhne vor sich haben. Die Söhne bräuchten ihn zur Orientierung und manchmal - mit zunehmendem Alter - zur Reibung, zur Auseinandersetzung, um sich an ihm abzuarbeiten.

Vater und Tochter

Markus Hofer verweist auf das Buch „Vatermänner“ von Julia Onken, in dem sie das Verhältnis von Vater und Tochter thematisiert. Onken fragt: „Weshalb verlieren viele Frauen im Umgang mit Männern ihr Selbstvertrauen? Und warum ist ihnen das in den meisten Fällen gar nicht bewusst?“

Jahrelang hatte Julia Onken keinen Gedanken an ihren Vater verschwendet. Da zerbricht ihre Liebesbeziehung und sie sucht in einem fiktiven Briefwechsel die Gründe für das Scheitern der Partnerbeziehung. Plötzlich ist ihr Vater wieder präsent und sie das kleine Mädchen, das alle Register zieht, um die Liebe ihres Vaters zu erringen. In einem schmerzhaften Lernprozess wird sich Julia Onken ihrer unerwiderten Liebe zum Vater bewusst und der Folgen für sie selbst und ihre Partner.

Das Kind in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften

Markus Hofer meint, wenn vom Kind in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften die Rede sei, dann verstehe er den Wunsch: „Ich achte den Wunsch.“ Es gebe aber kein absolutes Recht auf Kinder und es gebe genügend Paare, die kein Kind bekommen könnten.

Die spät entdeckte Gleichgeschlechtlichkeit und die bereits vorhandenen Kinder müssten voraussetzen, dass die Kindern auch zum Vater oder Mutter eine Beziehung haben können. Man müsse auch bei der Adoptionsfrage von allen möglichen Gesichtspunkten aus beleuchten. Es gebe nicht die eine Antwort.

Es gelte aber, schließt Markus Hofer, diese Frage vom Kind her zu denken und zu beurteilen, nicht aber von der eigenen Selbstverwirklichung: „Das Kind darf nie nur Zweck der eigenen Selbstverwirklichung sein“, stellt Hofer klar.

Zur Person:

Markus Hofer, geb. 1957, studierte Philosophie, Theologie, Germanistik und Kunstgeschichte in Innsbruck, Leiter des Männerbüros der Diözese Feldkirch, Referententätigkeit, systemischer Berater und Ausbildner im Bereich Bildung und Marketing.

Literatur:

Bücher von Markus Hofer erschienen bei Tyrolia Innsbruck:

Francesco, die historische Gestalt des Franz von Assisi

Die zweite Halbzeit entscheidet. Strategien für Männer über 40.

Männerspiritualität: Rituale - Modelle - Gottesdienste

Männersache. Gedanken zum Mannsein

Musik:

CD Accordeonata, Otto Lechner