Neue Studie: Bio schlecht fürs Klima?

Bio-Lebensmittel sind laut einer Studie schädlicher fürs Klima als konventionelle. Die im Fachmagazin Nature publizierte Studie von schwedischen und amerikanischen Wissenschaftlern zeigt, dass Ökolandbau sich auf Umwegen schädlich auf das Weltklima auswirkt.

Als Beispiel dient der Anbau von Erbsen und Winterweizen in Schweden, für den die Wissenschaftler einen 50 und 70 Prozent höheren Klimafußabdruck berechnen.

Das liege daran, dass Biolandwirtschaft größere Flächen benötige, um denselben Ertrag zu erwirtschaften. Der höhere Flächenverbrauch beim Ökolandbau führe indirekt zu größerem Kohlendioxid-Ausstoß, weil dafür mehr tropische Waldflächen gerodet werden müssen.

Klimaschädliche Faktoren

Dabei dachten wir doch: Bio ist gut - und deswegen ja auch subventioniert. In Vorarlberg wirtschaftet mittlerweile jeder fünfte landwirtschaftliche Betrieb biologisch, Tendenz steigend. Jessica Hotz von der Vorarlberger Landwirtschaftskammer hält von der Klimathese der schwedischen Wissenschaftler nicht viel.

Es stimme zwar, dass die Biolandwirtschaft derzeit noch mehr Flächen benötige für denselben Ertrag, aber die Kluft sei schon geringer geworden und man forsche weiter, um den Gap zwischen Bio- und koventioneller Landwirtschaft in diesem Bereich zu schließen.

Obstplantagen von oben gefilmt im Vinschgau

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Berücksichtigen müsse man bei solchen Untersuchungen auch, dass konventionelle Landwirtschaft enorme klimaschädliche Folgekosten habe - etwa durch den Einsatz von Pestiziden und Dünger, durch Transportkosten und nicht zuletzt durch den entstandenen Müll.

Jessica Hotz berichtet etwa von einem Betrieb in Vorarlberg, der nun eine Müllschredderanlage anschaffen musste, um hunderte von Plastikkanistern zu entsorgen, in denen sich die benötigten Pestizide befanden.

Nachhaltigkeit

Hotz fragt sich, ob Nachhaltigkeit in dieser Studie Berücksichtigung gefunden hat. Denn Böden sind irgendwann so ausgemergelt, dass immer mehr Dünger verwendet werden muss, um die Fruchtbarkeit zu erhalten. Übrig bleibt Boden, der überhaupt nicht mehr verwendet werden könne.

Der Ökolandbau habe klare Vorteile, weil er pro Fläche weniger Tiere hält, keine Mineraldünger einsetzt und im Ackerbau mehr auf Gründüngung und Humusaufbau setzt. Denn je mehr Humus ein Boden hat, desto mehr Kohlendioxid kann er speichern.

Ein weiteres Problem sieht Hotz in der Kraftfutterproduktion für Pflanzenfresser. Im biologischen Anbau ist klar geregelt, wie viel Prozent des Futters für Wiederkäuer aus Kraftfutter bestehen darf. In der konventionellen Landwirtschaft darf dagegen so viel Kraftfutter gefüttert werden, wie die Kuh verträgt. Außerdem kommen solche Produkte häufig aus Südamerika und haben somit schon aufgrund der Transportkosten hohe klimaschädliche Werte „auf dem Buckel“.

Kühe

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Kritik von Klimaexperten

Kritik kommt auch vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau in Österreich, der Schweiz und Deutschland mit Sitz im schweizerischen Frick. Die Studie liefere keinen Vergleich der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft auf globaler oder großflächiger Ebene, sagt Klimaexperte Adrian Müller.

Sie nenne lediglich zwei Beispiele und beschränke sich nur auf Klimawirkungen, andere Aspekte einer nachhaltigen Landwirtschaft würden vernachässigt: etwa der Verzicht auf synthetischen Dünger und künstliche Pestizide - keine Massentierhaltung, die Antibiotika freisetzt und Unmengen Abwasser produziert. Ökolandwirte achten auf die Fruchtfolge, schützen die Artenvielfalt und vertreiben ihre Produkte vielfach regional.

streuwiese

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Zudem gehen die Autoren davon aus, dass das Ernährungssystem als Ganzes stabil bleibe und sich nicht ändere. Der weltweite Bedarf an Lebensmitteln, gemessen in Kalorien und Eiweiß, könne sogar ohne einen Anstieg der Treibhausgase gedeckt werden - vorausgesetzt, wir reduzieren den Verbrauch an tierischen Lebensmitteln und an Lebensmittelabfällen, so Müller.

Unter diesen Rahmenbedingungen sei es auch möglich, die Welt mit 100 Prozent Bio-Landbau zu ernähren. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Welternährungsorganisation, die 2017 im selben Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde.

Klimafreundliches Verhalten

Klimaschonender wäre nach Ansicht von Jessica Hotz, die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Die beginne schon auf dem Feld und ende auf dem Teller. So würden bei der Kartoffelernte alle Kartoffeln, die nicht der von den Supermärkten vorgegebenen Norm entsprechen, auf dem Acker liegen gelassen und wieder mit eingepflügt.

Kartoffeln

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Supermärkte würden tonnenweise einwandfreie Lebensmittel wegwerfen und der Konsument kaufe zu viel und schmeiße dann zu viel weg.

Zudem geben Experten zu bedenken, dass der Beitrag zum Klimawandel weniger von der Art der Landwirtschaft abhängt, als von der Ernährungsweise: wer kein oder wenig Fleisch - vor allem Rindfleisch- isst, schützt das Klima effektiver, als jemand, der täglich sein Bio-Schnitzel kauft.

Fleischverbrauch in Österreich

Österreich liegt beim Fleischkonsum übrigens europaweit auf Platz 3 hinter Luxemburg und Spanien. Pro Jahr kommen hierzulande durchschnittlich 65 kg Fleisch auf jeden Teller.

Jeder Österreicher isst in seinem Leben im Schnitt 5,9 Tonnen Fleisch. Das sind 1.287 Tiere pro Kopf, hat Global 2000 ausgerechnet. Zu unterscheiden ist hier zwischen Fleischverzehr, also der Menge an Fleisch, die wir tatsächlich essen, und Fleischverbrauch, wozu auch Teile zählen, die sich nicht zum Verzehr eignen (Haut, Hörner etc) denn unserer Fleischverbrauch ist mit rund 97 kg deutlich höher als unser Fleischverzehr - dafür werden pro Jahr rund 99 Millionen Tiere getötet.

rotes Fleisch

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Sieben Millionen Tonnen Kraftfutter sind dafür jedes Jahr nötig. Ein Tier kann aus einer Kalorie aus seinem Futtermittel nicht eine Kalorie Fleisch (bzw. Milch oder Eier) erzeugen, wodurch große Umwandlungsverluste entstehen. Je nach Futterart unterscheidet sich die benötigte Menge, um ein Kilogramm Fleisch zu erzeugen. So braucht man etwa für die Erzeugung von einem Kilogramm Rindfleisch bis 25 kg Futter (bei Fütterung mit Gras).

Im Jahr 2017 wurden erstmals mehr als 100.000 Stück Bio-Schlachtrinder in Österreich produziert, geht aus der AMA-Rinderdatenbank hervor.

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