Staatsbürgerschaften: Verfahren wackeln

Das Höchstgerichtsurteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu den Doppelstaatsbürgerschaften hat auch Folgen für die Verfahren in Vorarlberg: Aufgrund dieses Urteils dürften jetzt in Vorarlberg zahlreiche Verfahren eingestellt werden.

Im Mai 2017 übergab die FPÖ der Vorarlberger Landesregierung eine Liste mit 96.000 Personen, bei denen illegale türkisch-österreichische Doppelstaatsbürgerschaften vermutet würden - mehr dazu in Doppelstaatsbürger: Liste enthält keine Adressen. 287 davon hatten einen Bezug zu Vorarlberg. Nach etlichen Überprüfungen bleiben nur wenige Personen übrig, gegen sie wurden Verfahren zur Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft eingeleitet.

16 Verfahren laufen derzeit noch

20 Staatsbürgerschaften wurden aberkannt, in neun Fällen sind die Entscheidungen bereits rechtskräftig. 16 Verfahren sind derzeit noch offen. Gernot Längle, Leiter der Abteilung Inneres und Sicherheit im Amt der Vorarlberger Landesregierung, sagt dazu, man werde sich die 16 offenen Verfahren natürlich vor den Hintergrund des aktuellen VfGH-Urteils im Detail anschauen - man gehe davon aus, dass ein Großteil der Verfahren eingestellt werden.

Aber auch in jenen elf Fällen, in denen die erste Instanz die Staatsbürgerschaft zunächst aberkannt hat und die jetzt in Berufung sind, dürften etliche Verfahren zugunsten der betroffenen Menschen ausgehen. Längle erklärt, bei Verfahren, die in der Rechtsmittelinstanz - beim Landesverwaltungsgericht - anhängig seien, müsse dieses die Entscheidung treffen.

Rechtskräftige Aberkennungen werden erneut geprüft

Bleibt noch die Frage, was mit den den bereits neun rechtskräftigen Aberkennungen passiert. Ob diese halten werden oder ob man den Betroffenen die österreichische Staatsbürgerschaft wiedergeben muss, kann Längle noch nicht beantworten: Man müsse sich noch genau anschauen, aufgrund welcher Grundlage die Entscheidung getroffen worden sei, denn nicht alle Entscheidungen basieren laut Längle auf jener ominösen FPÖ-Namensliste, die laut VfGH nicht als Beweismittel zulässig ist. In einigen Fällen hätten auch Staatsbürgerschaftsurkunden aus der Türkei und sonstige Information vorgelegen.

Längle geht davon aus, dass die meisten der rechtskräftigen Aberkennungen auch halten werden. Die Überprüfung aller bisherigen Verfahren werde jetzt so rasch wie möglich durchgeführt.

VfGH: Verzeichnisse „nicht authentisch“

Bisher hat die Überprüfung der österreichisch-türkischen Doppelstaatsbürgerschaften mindestens 85 türkischstämmige Österreicher den österreichischen Pass gekostet. In einem Fall entschied nun der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zugunsten eines Betroffenen, dem der Entzug seines Passes gedroht hätte.

Der Wiener hatte geklagt, weil er aufgrund fehlender Dokumente nicht nachweisen konnte, kein illegaler Doppelstaatsbürger zu sein. Die Behörden gingen offenbar davon aus, dass er sich nach seiner Einbürgerung in Österreich verbotenerweise wieder in der Türkei habe einbürgern lassen. Der Mann ließ sich bereits vor 40 Jahren in Österreich nieder und besitzt seit 1996 den österreichischen Pass - mehr dazu in VfGH stoppt Ausbürgerung (ORF.at).

Der Verfassungsgerichtshof hat im Fall des Austrotürken unter anderem festgehalten, dass es nur eine Vermutung sei, dass der Inhalt eines verwendeten Verzeichnisses eine tatsächliche Wählerevidenzliste wiedergebe. Der Datensatz sei nicht authentisch und hinsichtlich seiner Herkunft und des Zeitpunktes seiner Entstehung nicht zuordenbar und könne daher kein taugliches Beweismittel darstellen.