„Alle Frauen sind immer daheim“

Die Feldkircher Künstlerin Anne Marie Jehle hat die Rolle der Frau immer kritisch hinterfragt. Im Jahr 2000 ist sie gestorben. Ihr Vermächtnis greift die Bludenzerin Christine Lederer auf mit ihrer Ausstellung: „Alle Frauen sind immer daheim“.

Es war einige Jahre nach dem Tod Anne Marie Jehles, als ihr Haus in Feldkirch von Verwandten zum ersten Mal wieder betreten wurde. Das Haus in der Carinagasse war voll mit Kunst. „Dieses Haus ist insofern grundlegend für ihre Arbeit, weil sie aus dem Haus ihre Medien geholt hat“, erläutert Kuratorin Kathrin Dünser. „Sie hat mit Alltagsgegenständen gearbeitet und sie hat mit der Polaroid-Kamera dieses Haus dokumentiert. Und nach dem Tod der Mutter hat sie im Haus quasi den Dialogpartner gefunden.“

Ausstellung „Alle Frauen sind immer daheim“

Die Künstlerin Anne-Marie Jehle hat die Rolle der Frau immer kritisch hinterfragt. Das Vermächtnis der verstorbenen Künstlerin greift Christine Lederer in ihrer Ausstellung auf.

Das Daheim war also zentral in Jehles Werk, ebenso die kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft. Allerdings: „Sie hatte auch etwas dagegen, als feministische Künstlerin gesehen oder betitelt zu werden. Das liegt, glaube ich, vor allem daran, dass sie männliche und weibliche Frauenbilder karikiert hat in ihrer Arbeit“, sagt Dünser.

Nachbildung des Privaten

Während Jehle finanziell und überhaupt unabhängig war, geht die Bludenzerin Christine Lederer als alleinerziehende Mutter neben der Kunst auch einem Brotberuf nach. Die Begegnung mit ihrem Werk war tiefgreifend: „Ich glaube, sie hat bewusst entschieden, also so wurde das auch überliefert, dass sie den Weg gehen will allein, unverheiratet, kinderlos, und Kunst machen will.“

Ausstellung Jehle-Lederer

ORF

Auf Jehles Haus-Polaroids antwortet Lederer in der Ausstellung mit der Nachbildung ihres privaten Lebensraumes. Die täglichen Anforderungen an Frau, Mutter, Künstlerin spiegeln sich auch in der Küche: „Wer kennt das nicht: Multitasking und dauernd das Beste geben wollen - und dabei funktioniert dann gar nichts mehr. Das Essen ist verbrannt, das Kind ist sauer, und die Arbeit ist auch noch nicht fertig.“

Ei mit Trump-Frisur

Die Lieblingspizza des Sohnes hat Lederer in Holz nachgeschnitzt, für sie selbst gibt es zum Frühstück Ei mit Trump-Frisur. Auf einem Stuhl mit weichem Tamponkissen. Im Schlafzimmer erhellt Lederer das Private und feiert die Andacht. Zwecks Animation, zur Entspannung, tanzt Lederer kunstvoll Pole. Ein grandioser, tiefschürfend-leichter Ausstellungsparcours - noch bis 16. Dezember in der Galerie Hollenstein in Lustenau.