Nachwuchssorgen bei Gerichtspsychiatern

Der Präsident des Landesgerichts Feldkirch, Heinz Bildstein, fordert eine bessere Honorierung für Gerichtspsychiater. 116,20 Euro brutto für ein normales Gutachten und 195 Euro brutto für eine komplexe Expertise seien einfach zu wenig.

Aktuell sind in Vorarlberg nur fünf Gerichtspsychiater tätig, der jüngste ist 62 Jahre alt. Gerichtspsychiater müssen den Akt studieren und den Patienten einladen.

Mangel an Gerichtspsychiatern

In Vorarlberg erstellen derzeit lediglich fünf Psychiater mehrere hundert Gutachten im Jahr. Nachwuchs ist nicht in Sicht, ein Grund könnte die schlechte Dotation von Gutachten sein.

Zehn Stunden keine Seltenheit

Psychiatrische Patienten würden sich nicht immer an Termine halten, sagt Franz Riedl, einer der fünf Gutachter in Vorarlberg. Zweite Einladungen seien keine Seltenheit. Für das Gespräch mit dem Betroffenen und dann die schriftliche Expertise sind laut Riedl zehn Stunden keine Seltenheit.

Heinz Bildstein

ORF

Präsident des Landesgerichts Feldkirch Heinz Bildstein

Die Situation ist seit Jahrzehnten unverändert. Das heißt die Tarife wurden nie angepasst, was einer Realgeld-Entwertung gleichkommt. Für den Präsidenten des Landesgerichts, Heinz Bildstein ist das ein unhaltbarer Zustand. Schon mehrere Male sei das Ministerium darauf hingewiesen worden.

Zum Vergleich: Klinische Psychologen und andere Gutachter können ihren normalen Stundensatz verrechnen und erhalten pro Gutachten oft über 1.000 Euro.

Expertin prophezeit Mangel

„Es werden sich immer weniger forensische Psychiater finden, die sich dieser Aufgabe widmen werden“, prophezeit die renommierte Gerichtsgutachterin Gabriele Wörgötter gegenüber der APA.

Ausschlaggebend dafür seien mehrere Faktoren. Zum einen fehle in Österreich nach wie vor ein Lehrstuhl für forensische Psychiatrie. Kollegen, die sich für das Sachverständigenwesen bei Gericht interessieren, müssen sich das entsprechende Wissen im Selbststudium und auf eigenes Engagement aneignen. Allerdings fehlten hierzulande Qualitätskriterien hinsichtlich der Untersuchung von Betroffenen, bemängelt Wörgötter: „Man tappt im luftleeren Raum. Es gibt keine Richtlinie, keinen Halt.“ Letztlich zähle da die eigene Erfahrung, die sich ein Sachverständiger im Zuge seiner Tätigkeit für seine Justiz aneigne.

Ost-West-Gefälle

Als „indiskutabel“ bezeichnet Wörgötter die finanziellen Rahmenbedingungen. Bei der Honorierung der gutachterlichen Tätigkeit ist laut Wörgötter insofern ein West-Ost-Gefälle spürbar, als im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien Strafrichter von ihrem Ermessen Gebrauch machen und die von ihnen beschäftigten Psychiater etwas großzügiger abgelten. Für ein Einweisungsgutachten werden demnach in Wien 2.000 bis 3.000 Euro bezahlt. In anderen Bundesländern sind es dagegen ein paar hundert Euro. „Jeder Handwerker bekommt mehr“, so der Befund Wörgötters.