Nach Bluttat: Justizministerium gegen Ausweitung der U-Haft

Nach der Familientragödie in Hohenems ist eine Debatte über Betretungsverbote entstanden. Das Justizministerium warnt nun davor, die Untersuchungshaft für Tätlichkeiten im Familienkreis auszuweiten.

Die Bluttat in Hohenems, bei der ein Ehemann am Wochenende seine Frau und die beiden gemeinsamen Töchter im Alter von vier und sieben Jahren getötet hat, ehe er sich selbst umbrachte, hat eine Diskussion darüber ausgelöst, ob schärfer gegen als Gewalttäter amtsbekannte Männer vorgegangen werden soll. Die Frau hatte gegen ihren Ehemann ein Betretungsverbot erwirkt, nachdem er gegen sie handgreiflich geworden war - mehr dazu in: Dreifachmord: Obduktionsergebnis liegt vor.

Pilnacek: Haft ist kein Allheilmittel

Im Justizministerium warnt man nun davor, aufgrund dieser Familientragödie eine Ausweitung der U-Haft für Tätlichkeiten im Familienkreis anzudenken, um auf diesem Weg betroffene Frauen oder Kinder vor den meist männlichen Tätern besser zu schützen. Dieser Vorfall sei schrecklich und gebe sicher Anlass, über Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen nachzudenken, sagt Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek. Er geht jedoch nicht davon aus, dass Haft ein Allheilmittel ist.

Trotz einer Einstweiligen Verfügung und eines Betretungsverbots sei es zwischen dem 38-jährigen Mann und seiner um fünf Jahre jüngeren Ehefrau immer wieder zu einvernehmlichen Kontakten gekommen. Gewalttätigkeiten hätten sich dabei nicht manifestiert: „Es hat keine Anzeichen gegeben, dass es eskalieren könnte. Die zuständige Bezirkshauptmannschaft hat außerdem ganz klar gesagt, dass sowohl der Täter als auch das Opfer in Betreuung waren“, so Pilancek.

Konkrete Gründe für Haft nötig

Bei einer Inhaftierung sei stets die Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen, gab Pilnacek zu bedenken. Es brauche zunächst konkrete Haftgründe, um jemanden einzusperren. Gerade bei innerfamiliären Konflikten habe es die Justiz immer wieder mit Betroffenen zu tun, die ihre ursprünglichen Angaben abschwächen oder zurückziehen beziehungsweise überhaupt von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machen und zu keiner Aussage bereit sind. Da tue man sich mit der Verhängung der U-Haft schwer.

Hätte die Tat verhindert werden können?

Nach dem Dreifachmord stellt sich die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können. Laut Ulrike Furtenbach, Leiterin der Gewaltschutzstelle des Instituts für Sozialdienste, hat auch der Gewaltschutz Grenzen - mehr dazu in: Grenzen für Gewaltschutz und Betretungsverbot. Experte Arno Dalpra von der ifs-Gewaltberatungsstelle fordert eine verpflichtende Gewaltberatung nach Verhängung eines solchen Verbots - mehr dazu in: Dalpra: Frühe Konfrontation wichtig.