Brauchen wir die Schreibschrift noch?

PISA-Sieger und Schulvorbild Finnland hat die Schreibschrift bereits abgeschafft, die Schweiz ist jetzt dabei. Geschrieben wird mittlerweile nämlich vor allem auf dem Computer und in Blockbuchstaben. Auch in Vorarlberg wird diskutiert.

Die digitale Revolution rückt immer weiter in die Klassenzimmer vor. Dabei könnte eine der ältesten Kulturtechniken des Menschen, das Schreiben, verschwinden. „Da bin ich skeptisch, ob das für alle Stufen sinnvoll ist“, sagt Klaus Luger vom Bundesgymnasium Dornbirn. Es gebe nämlich auch die lernpsychologische Idee, dass motorisches Tun beim Merken und Lernen unterstützend wirke. „Vielleicht ist der österreichische Weg, ein bisschen zuzuwarten, gar nicht so schlecht“, so Luger.

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Schreibschrift - wozu?

In Finnland und der Schweiz ist die Schreibschrift abgeschafft. In Vorarlberg halten aber noch viele an ihr fest.

Als einen Ausdruck von Individualität sieht Elternvertreterin Gabriele Mayr die Schreibschrift. „Da kann ich meine Person hineinlegen. Und heutzutage eine handgeschriebene Notiz zu bekommen, ist doch etwas ganz Besonderes.“

Gut für die Gehirntätigkeit

Bisher lernen die Schüler in Österreich drei verschiedene Formen der Handschrift: Blockbuchstaben, Druckschrift und die zusammenhängende Schreibschrift. „Das ist auch eine Kulturtechnik. Man könnte dann auch sagen, man schafft das Häkeln ab und das Stricken“, gibt Sabine Bader, Direktorin der Volksschule Edlach, zu bedenken.

„Wir finden, dass, wenn Kinder Schreibschrift lernen, sie ein flüssiges Schriftbild bekommen und nachher selber ihre eigene Schrift entwickeln können“, sagt wiederum Heide Flatschacher, Lehrerin an der Volksschule Edlach. Relativ unumstritten ist die Tatsache, dass die motorische Tätigkeit des Schreibens das Erlernen der Schrift fördert und die Gehirntätigkeit begünstigt.

Sauerwein: Kinder sind motiviert

Judith Sauerwein, die Pflichtschulinspektorin der Bildungsregion Bludenz, äußerte sich am Mittwoch im „Vorarlberg heute“-Studiogespräch ausführlich zu der schwelenden Diskussion. „Aus meiner Sicht denke ich, dass die Schreibschrift sehr wohl noch eine Berechtigung hat in der Schule, dass sie ihren Platz hat. Vor allem auch deshalb, weil die Kinder sehr stark motiviert sind, diese zu lernen“, so Sauerwein.

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Studiogast Judith Sauerwein

Judith Sauerwein, die Pflichtschulinspektorin der Bildungsregion Bludenz, äußerte sich im „Vorarlberg heute“-Studiogespräch zur Debatte um eine möglich Abschaffung der Schreibschrift.

Außerdem sei die Schreibschrift eine gute Übung für die Feinmotorik. Viele Schüler würden nämlich mit großen Defiziten in diesem Bereich in die Schule kommen. Dass Argument, dass durch das Erlernen der Schreibschrift zu viel Zeit verloren gehe, lehnte sie ab: Stundenlange Schönschreibübungen gebe es schon lange nicht mehr, die Schreibschrift würden die Kinder quasi nebenbei erlernen.

Kein „Nein“ zur Digitalisierung

Der Digitalisierung ist Sauerwein dennoch nicht gänzlich abgeneigt. Zum Tastaturschreiben, das etwa die Schüler in der Schweiz künftig anstelle der Schreibschrift erlernen müssen, sagt sie: „Im Volkschulbereich denke ich, dass man das durchaus andenken kann und soll, es gibt ja inzwischen ganz gute Programme, mit denen die Kinder in relativ kurzer Zeit auch das Tastaturschreiben lernen.“ Eine entsprechende Verpflichtung bedürfe aber noch der Diskussion.