Gewaltopfer soll keine Entschädigung bekommen

Eine 60-jährige Vorarlbergerin, die jahrelang von ihrem damaligen Mann geschlagen wurde, bekommt möglicherweise keine Entschädigung. Ihr Antrag auf Schmerzengeld nach dem Opferschutzgesetz wurde abgelehnt.

Jahrelang wurde Helga P. von ihrem damaligen Partner schwer misshandelt. Mehrmals musste sie mit Frakturen und Hämatomen ins Spital - und jahrelang deckte sie ihren Peiniger. Zunächst in der Hoffnung, dass sich die Situation bessern würde, später aus Angst, dass er ihr auflauern würde, sollte sie sich von ihm trennen. Als sie im Dezember 2015 wieder einmal verprügelt und so stark gewürgt wurde, dass sie um ihr Leben fürchtete, erstattete sie Anzeige.

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Opfer soll kein Geld erhalten

Eine Frau wird jahrelang von ihrem Mann regelmäßig verprügelt. Erst als sie schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden muss, bricht sie ihr Schweigen und erstattet Anzeige.

Ihr Mann wurde gerichtlich verurteilt. Helga P. stellte beim Sozialministerium einen Antrag auf Schmerzengeld, Verdienstentgang und psychotherapeutische Behandlung: „Grundsätzlich gibt es in Österreich die Möglichkeit, Ansprüche nach dem Opferschutzgesetz geltend zu machen. Das ist ein völlig unabhängiges Verfahren von anderen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verfahren“, erläutert ihr Anwalt, Bernhard Schwendinger.

Ministerium lehnt Antrag ab

Doch dann wurde ihr Antrag im Antwortschreiben des Sozialministerium Service abgewiesen. Darin heißt es: „Das Sozialministerium musste feststellen, dass Sie besonders nachlässig und leichtsinnig gehandelt haben und die nach Ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt insofern völlig außer Acht ließen, als Sie sich dem Täter nicht bereits während der Anfänge Ihrer Beziehung bzw. Ehe, wo er Sie nach Ihren Angaben bereits verbal beschimpft und geschlagen habe, entzogen.“

P. war schockiert: „Ich habe eigentlich gedacht, das gibt es nicht, das kann nicht wahr sein“, sagt sie heute. „Ich werde beschuldigt, selber Schuld daran gewesen zu sein, dass mir so was Schlimmes wiederfahren ist. Ich war einfach entsetzt.“ Noch ist der Fall nicht entschieden, Helga P.s Anwalt hat eine ergänzende Stellungnahme eingebracht.

Gewaltbeziehungen dauern im Schnitt elf Jahre

Cäcilia König vom Institut für Sozialdienste darf zum konkreten Fall nichts sagen. Grundsätzlich hält sie aber eine derartige Haltung des Sozialministeriums für fragwürdig. Eine durchschnittliche Gewaltbeziehung dauere nämlich elf Jahre.

Die Gründe dafür: „Es gibt massive Ängste, sich zu trennen, es gibt Schuldgefühle, es gibt Scham, und es ist auch immer wieder die Hoffnung da, dass sich doch etwas ändern könnte“, so König. „Die Ängste beziehen sich natürlich auf die existenzielle Situation nach einer Trennung. Da gehört dazu: Von was lebe ich, finde ich eine Wohnung, finde ich Arbeit.“

„War furchtbar enttäuscht“

Noch ist zwar nicht entschieden, ob Helga P. eine Entschädigung nach dem Opferschutzgesetz bekommt. Klar ist aber jetzt schon: Die Unterstützung für Gewaltopfer hätte sie sich anders vorgestellt. „Weil es immer heißt: Frauen, die geschlagen werden, sollen sich an die Öffentlichkeit wenden. Ich bin furchtbar enttäuscht gewesen.“