Wirbel um türkischen „Ausreise“-Brief

In einem Schreiben hat die Neue Bewegung für die Zukunft (NBZ) nahegelegt, dass viele Migranten bereit wären, das Land zu verlassen. Auch die Ausbezahlung von bisher eingezahlten Sozialversicherungsbeiträgen wird gefordert.

In dem offenen Brief, der laut einem Bericht der „Vorarlberger Nachrichten“ an Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und die Klubobleute im Vorarlberger Landtag adressiert ist, heißt es, dass dutzende türkische Arbeitnehmer bereit wären, Österreich zu verlassen. Und zwar unter der Voraussetzung, „dass ihnen die bisher einbezahlten Sozialleistungen wie auch die Beträge, die in die Pensionskassen flossen, ausgehändigt werden.“

Dincer: „Viele fühlen sich in Österreich unerwünscht“

NBZ-Obmann Adnan Dincer sagte, es regiere ein enormer Frust innerhalb der türkischen Community. Nach dem Putschversuch in der Türkei Mitte Juli hätten sich viele durch die Aussagen von österreichischen Spitzenpolitikern nicht mehr in Österreich erwünscht gefühlt. „Dadurch ist auch dieser Wille oder Wunsch entstanden, in ein Land zurückkehren, in dem sie zumindest akzeptiert werden“, so Dincer.

Dincer betonte weiters dass die NBZ mit der rechten Gruppierung der „Grauen Wölfen“ nichts zu tun habe. Er rief zu gemäßigteren Tönen der Politiker in Österreich und der Türkei auf.

Bösch spricht von „Parallelgesellschaft“

In einer Aussendung forderte FPÖ-Landesparteiobmann Reinhard Bösch, auf dieses Angebot einzugehen. Wallner und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) müssten diesen Vorschlag ernst nehmen und sofort Verhandlungen führen, ob und wie die finanziellen Forderungen erfüllt werden könnten.

„Wer trotz jahre- und jahrzehntelanger Österreichischer Staatsbürgerschaft in unserem Land noch nicht angekommen ist, dem steht es nicht nur frei, unser Land wieder zu verlassen, sondern er ist dazu aufzufordern“, so Bösch. Mit diesem Angebot sei neuerlich klar geworden, dass viele Personen mit Migrationshintergrund in einer Parallelgesellschaft lebten.

Gross: „Destruktive, nationalistische Ressentiments“

Grünen-Klubobmann Adi Gross machte in dem Brief eine unbedingte Gefolgschaftstreue gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aus. „Ich bin davon überzeugt, dass ein großer Teil unserer türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürger keineswegs diese Haltung vertritt“, stellte Gross dazu fest.

Beide Seiten - die türkische und die österreichische Regierung - setzten auf nationalistische Ressentiments, das sei destruktiv und schaukle sich hoch. „Ich rufe beide Seiten zur Abrüstung der Worte und zur Rückkehr zu zivilisierten zwischenstaatlichen Gepflogenheiten auf“, so Gross.

Schwärzler: Integration statt Auseinandersetzung

Laut ÖVP-Landesrat Erich Schwärzler fordert, die Integration zu stärken, anstatt Auseinandersetzungen zu schüren. Für ihn stehe fest, dass Konflikte in der Türkei in Vorarlberg keinen Platz haben. Er habe jedoch Verständnis für die Sorgen der türkischen Staatsangehörigen angesichts der Entwicklungen in der Türkei.

„Wenn man die letzten Jahrzehnte beobachtet, so hat es immer wieder Rückführungsprogramme gegeben. Diese müssen jedoch im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten stattfinden“, so Schwärzler.