„Brexit“: „Verhandlungen sind entscheidend“

Nach der Entscheidung Großbritanniens für einen EU-Austritt sind Europas Börsen am Freitag eingebrochen. Die Auswirkungen auf die Vorarlberger Wirtschaft würden auch von den Austrittsverhandlungen abhängen, so Ökonom Christian Keuschnigg.

Die Briten haben sich mit 51,9 Prozent für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden. Das sei eine schlechte Nachricht für Europa insgesamt und vor allem für die exportorientierte Vorarlberger Wirtschaft, so Keuschnigg, Ökonom und Professor an der Universität St. Gallen, im ORF Radio Vorarlberg-Interview.

Dass die Finanzmärkte auf den „Brexit“ mit extremen Kurseinbrüchen reagieren, müsse man aber relativieren, so Keuschnigg. Die Finanzmarktkurse würden manchmal kurzfristig überschießen. Es sei aber klar, dass der Austritt Großbritanniens langfristig negative Folgen habe, auch für Gesamt-Europa, das der gemeinsame Markt um fast ein Fünftel schrumpfe.

Auswirkungen auf Beziehungen mit der Schweiz

Dass der Austritt Großbritanniens nicht von heute auf morgen erfolge, sei ein Vorteil für jedes Unternehmen, dessen Export-Schwerpunkt Großbritannien ist, sagt Keuschnigg. Wie drastisch die Auswirkungen sein werden, hänge von den Austrittsverhandlungen ab.

Ökonom Christian Keuschnigg ist heute Abend Studiogast in „Voralberg heute“ (ORF 2, 19.00 Uhr).

Theoretisch könne herauskommen, dass die EU mit Großbritannien ein sehr freizügiges Handelsabkommen schaffen werde, so Keuschnigg. Dann wären jene Unternehmen, die nach Großbritannien exportieren, nicht stark betroffen.

Es sei aber möglich, dass die Verhandlungen hart werden und das hätte dann auch Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen mit der Schweiz, sagt der Ökonom. Die Verhandlungen der Schweiz um ihr Freizügigkeitsabkommen mit der EU würden schwieriger werden. Davon betroffen wäre auch Norwegen.

„Vorteile exklusiv für Mitglieder“

Die EU müsse sich darauf besinnen, dass die Einheit des Marktes und die Einheit der EU daran hänge, dass man die Vorteile exklusiv den Mitgliedern, die dafür zahlen und Souveränität abgeben, vorbehalte.

Für internationale Direktinvestitionen würden nun Wirtschaftsstandorte in der EU vorübergehend attraktiver als in Großbritannien werden, so Keuschnigg. Es gebe Umlenkungseffekte, die anderen Ländern helfen könnten. Um davon zu profitieren, sei aber die Region Vorarlberg wohl zu klein.

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