„Brexit“: Reformen in der EU gefordert

Die Briten haben mit 51,9 Prozent für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Die Vorarlberger Parteien bedauern zum Großteil diese Entscheidung und sprechen von einem „schwarzen Tag“ . Gefordert werden Reformen innerhalb der EU.

Die Briten hatten am Donnerstag für einen EU-Austritt gestimmt, wie Freitagfrüh die britischen Behörden bestätigten. Nach Auszählung aller 382 Wahlkreise gab es 17,4 Millionen Stimmen für den Austritt und 16,1 Millionen für den Verbleib in der EU - mehr dazu unter news.ORF.at.

Wallner (ÖVP): „Unüberhörbarer Warnschuss“

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) spricht von einem „schwarzen Tag für die EU und Großbritannien“. Das Ergebnis stelle für beide eine „Zäsur mit unabsehbaren Folgen“ dar.

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Im Beitrag: Bernhard Ölz, Vizepräsident IV; Markus Wallner, LH; Paul Senger-Weiss, Brit. Honorarkonsul; Josette Azzopardi; Karin Moser; Thomas Giselbrecht; Kurt Prenner-Platzgummer; Hermann Schober; Vanessa Hagspiel; Soraya Ben Hamda

Das Ergebnis sei sicher Wasser auf die Mühlen vieler EU-Kritiker in anderen Mitgliedsstaaten der EU, so Wallner. Im besten Fall stelle das Ergebnis aber eine Chance dar, dass sich die europäischen Institutionen wieder zu einer engeren Zusammenarbeit durchringen können.

Die EU habe schon viele Krisen überstanden, so der Landeshauptmann. Wenn man einen kühlen Kopf bewahre, werde das auch dieses Mal geschehen. Der Warnschuss sei aber unüberhörbar.

Rauch (Grüne): „EU muss sich erneuern“

„Als Vorarlberger, der weiß, wie sehr wir wirtschaftlich von einer starken EU profitieren und abhängig sind, halte ich den Ausgang des Referendums für einen großen Schaden“, so Grünen-Landessprecher Johannes Rauch.

Es sei auch ein verheerendes Signal an alle antieuropäischen Kräfte, die „der Illusion anhängen, der Rückfall in Kleinstaaterei und nationales Gegeneinander sei die Lösung der großen anstehenden Herausforderungen - vom Klimawandel angefangen über die Flüchtlingskrise bis hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit“, so Rauch.

Die EU müsse dieses Referendum als klaren Auftrag verstehen und sich erneuern und reformieren, so Rauch: „Ein Weiter-wie-bisher ist nicht mehr möglich“.

Allgäuer (FPÖ): „Weckruf für Reformen“

Das Abstimmungsergebnis sei als Weckruf für Reformen und gegen den EU-Zentralismus zu sehen, so FPÖ-Klubchef Daniel Allgäuer. Die EU-Verantwortlichen seien gefordert, umgehend einen umfassenden und tiefen Reformprozess einzuläuten.

Jetzt sei es wichtig, sich intern neu aufzustellen und nicht Debatten über den Beitritt von Ländern zu führen, die aufgrund ihrer Haltungen in der EU nichts verloren hätten, so Allgäuer. Es müsse für die Zukunft klar gemacht werden, dass die Türkei kein Kandidat für einen Vollbeitritt sein könne.

Ritsch (SPÖ): „Weitere Austritte verhindern“

Es sei sehr schade, dass die Briten der großen europäischen Idee den Rücken kehren, so SPÖ-Landesvorsitzender Michael Ritsch. Die EU müsse jetzt Schritte setzen, um weitere Ausstiege zu verhindern. Die EU müsse von einer Wirtschafts- und Bankenunion wieder zu einer Sozialunion werden.

Hinsichtlich Großbritannien müsse nun klar sein, dass jetzt Schluss mit dem „Britenrabatt“ sei, so Ritsch. Entweder sei man Teil der EU oder nicht. Wer sich zum Austritt entschließt, dürfe auch mit keinen Sonderleistungen mehr rechnen. Alles andere wäre eine Einladung für weitere Staaten, es den Briten gleichzutun.

Scheffknecht (NEOS) gegen Sonderrechte

NEOS-Landessprecherin Sabine Scheffknecht spricht von einem „tragischen Tag für Europa“. Sie bedauere die Entscheidung der Briten, respektiere sie aber. Um die EU zukunftsfit zu machen, brauche es einen Reformkonvent.

Dabei könne es nicht sein, dass sich einzelne Staaten Sonderrechte herausnehmen und mit Referendum-Drohungen versuchen, ihre persönlichen Interessen durchzusetzen, so Scheffknecht. Bevor die EU zu einem Basar verkomme, sei es ihr lieber, man denke über ein eng abgestimmtes Kerneuropa nach.

Ohneberg (IV): „Auswirkungen überschaubar“

Das Signal sei verheerend, aber zu akzeptieren, so Martin Ohneberg, Präsident der Industriellenvereinigung (IV). Die Auswirkungen auf Vorarlberg und die Vorarlberger Betriebe hält er mittelfristig für überschaubar.

Natürlich seien einige Unternehmen aufgrund der Währungsdifferenzen und der Unruhe auf den Finanzmärkten kurzfristig betroffen, insgesamt seien die direkten Auswirkungen aber überschaubar, so Ohneberg. Entscheidend sei, dass sich die politischen Kräfte einer stärker wettbewerbsorientierten Ausrichtung der EU gegen die zunehmenden protektionistischen Positionen durchsetzen.

Steurer (WK): „Noch nicht seriös prognostizierbar“

Die Auswirkungen der Abstimmung in Großbritannien könnten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht seriös prognostiziert werden, so Helmut Steurer, Direktor der Vorarlberger Wirtschaftskammer. Erst nach Klärung der wesentlichen Fragen werde man wissen, welche unmittelbaren Auswirkungen diese Entscheidung mit sich bringe.

Die Auswirkungen auf die exportierende Wirtschaft hält Steurer längerfristig für eher gering. Für die EU bedeute es aber, dass sie die zweitgrößte Volkswirtschaft und den viertgrößten Nettozahler verliere. Zudem sei es ein Rückschlag für die sicherheitspolitische Belastbarkeit der EU.

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