Raiffeisenbanken-Gruppe unter Druck

Das Betriebsergebnis 2015 der Raiffeisen Bankengruppe Vorarlberg ist nicht nur wegen des Wegfalls von Sondereffekten gesunken. Das Plus beim EGT ist vor allem durch Verkäufe entstanden. Die Steuern- und Abgabenquote stieg über 55 Prozent. Bankomat-Behebungen werden bald etwas kosten.

Die Nullzinsphase der Europäischen Zentralbank (EZB), mehr Regulatorien und damit steigende Kosten, die Bankenabgabe und die Digitalisierung, die das Kundenverhalten verändert: Diese Herausforderungen machen auch vor dem Vorarlberger Bankensektor nicht halt. Was einen Tag zuvor die Vorarlberger Sparkassen mitgeteilt haben, kommt jetzt ähnlicher Form von Seiten der Vorarlberger Raiffeisenbankengruppe. Denn auch dort sind die Erträge im Geschäftsjahr 2015 unter Druck geraten.

Wie die Raiffeisenbankengruppe am Dienstag bei der Bilanzpressekonferenz in Bregenz mitteilte, sei das Betriebsergebnis gemäß UGB nach vorläufigen Zahlen um 23,3 Prozent auf 50,3 Millionen Euro zurückgegangen. Maßgeblich dafür verantwortlich sei neben gestiegenen Kosten für die Informationstechnologie und Zuweisungen an den europäischen Bankenabwicklungsfonds vor allem der Entfall der Raiffeisen Zentralbank(RZB)-Dividende.

Wie RLB-Vorstandsvorsitzender und Raiffeisenbankensprecher Wilfried Hopfner erklärte, habe sich diese Dividende zuvor auf etwa zehn Millionen Euro belaufen. Aber auch ohne Berücksichtigung dieser Dividende musste die Raiffeisenbankengruppe im Ländle im Vorjahr einen Rückgang des Betriebsergebnisses im mittleren einstelligen Prozentbereich hinnehmen.

Bausparkasse und Pensionskasse verkauft

Auch beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zeigt sich ein durchmischtes Bild. Einerseits stieg das Gruppen-EGT im Vorjahr um 8,7 Prozent auf 62,2 Millionen Euro. Andererseits sei dieses Plus maßgeblich einem einmaligen Sondereffekt geschuldet. Denn die Vorarlberger Raiffeisenbanken haben 2015 die restlichen Anteile an der Raiffeisen Bausparkasse und an der Valida Pensionskassa AG an die RZB verkauft und konnten dadurch entsprechende Buchwertgewinne realisieren.

Dazu kommt, dass die Wertberichtigungen auf Kundenforderungen wegen der guten wirtschaftlichen Situation in Vorarlberg um 17 Prozent auf 14,4 Millionen Euro zurückgefahren werden konnten. Diese beiden Faktoren führten hauptsächlich zur Verbesserung des EGT. Am steigenden Druck auf die Erträge ändern Einmaleffekte auf Dauer aber verständlicherweise wenig, wie neben Wilfried Hopfner auch die anwesenden Bankenvorstände Michael Alge, Jürgen Kessler (alle RLB) und Raiba-Feldkirch-Vorstandsdirektor Richard Erne bekräftigten.

Von den 21 selbständigen Vorarlberger Raiffeisenbanken (plus RLB Vorarlberg) seien nach vorläufigen Zahlen alle Banken bis auf ein Institut im Vorjahr in den schwarzen Zahlen gewesen. Angesichts der Situation der Branche dürfe man mit diesem Gruppen-Ergebnis 2015 also durchaus zufrieden sein, so die Bankenvorstände.

1,1 Milliarden Euro Neukredite

In der Bilanz zeigt die Vorarlberger Raiffeisenbankengruppe eine konsolidierte Bilanzsumme von 11,2 Milliarden Euro und legte damit leicht um 0,6 Prozent zu. Die Einlagen von Kunden blieben mit 7,4 Milliarden Euro konstant. Die Forderungen an Kunden - etwa Kredite - stiegen um 5,4 Prozent auf 7,3 Milliarden Euro.

Unter dem Strich seien 1,1 Milliarden Euro an Neukrediten vergeben worden, davon etwa die Hälfte für den Wohnbau. Insgesamt wurde ein Kundenvermögen von 11,1 Milliarden Euro verwaltet, ein leichtes Plus von 0,7 Prozent. Die Eigenmittel erhöhten sich um 8,5 Prozent auf 919 Millionen Euro. Die Gesamtkapitalquote stieg dadurch um einen Prozentpunkt auf 14,7 Prozent.

Steuern- und Abgabenquote von mehr als 55 Prozent

Dass der Kostendruck für die Bankenbranche und damit auch für die Ländle-Raiffeisenbanken ständig zunimmt, stand für die vier Bankenvorstände außer Zweifel. „Wir stehen deshalb überall auf der Kostenbremse, jede Personalerhöhung wird auf ihre Notwendigkeit hin überprüft.“ Unüberhörbar war auch die Kritik an millionenschweren Bankenabgaben und diversen Zuweisungen zu Bankenabwicklungsfonds. Allein bei der RLB Vorarlberg belaufe sich die Steuern- und Abgabenquote (Köst, Stabilitätsabgabe, Bankenabwicklungsfonds und Einlagensicherung) gegenwärtig auf mehr als 55 Prozent.

Die Raiffeisenbankengruppe im Ländle habe 2015 einen niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag für diverse ertragsunabhängige Abgaben aufgewendet. Diese Beträge müssen also auch aus der Substanz der Banken bezahlt werden und fehlen in der Region. Ob dies zur Stabilität der Regionalbanken beiträgt, darf hinterfragt werden. Wie RLB-Risikovorstand Michael Alge erklärte, sei dies umso unverständlicher, da die klassischen Retailbanken in ihrem Kerngeschäft seit Jahren die geringsten Ausfallsquoten bei Krediten hätten. „Wir sind deshalb ein stabilisierender Faktor in der Bankenstruktur.“

Bankomatgebühr kommt

Mittlerweile wird von den Raiffeisenbankern auch klar ausgesprochen, was jedem Marktbeobachter mit einem betriebswirtschaftlichen Grundverständnis schon lange klar ist und zeigt, dass höhere Kosten sowie Steuern und Abgaben für alle Banken schlussendlich fast immer beim Kunden ankommen - auch wenn die Politik stets etwas anderes behauptet: Denn die Banken werden angesichts dieser Herausforderungen und millionenschwerer Abgaben nicht nur auf die Kostenbremse steigen, sondern zukünftig auch Geld für diverse Leistungen verlangen, die bislang im Rahmen einer Mischkalkulation mitgelaufen sind.

Für Wilfried Hopfner besteht kein Zweifel, dass die Banken für bestimmte Dienstleistungen Geld verlangen werden. Das gelte ebenso für die bisher kostenfreie Bargeld-Behebung am Bankomaten. „Auch das wird zukünftig wie in vielen anderen europäischen Ländern etwas kosten, wobei wir hier zwischen Fremd- und Eigenkunden unterscheiden werden.“ Bis wann genau die Verteuerung von Dienstleistungen in weiten Teilen des Bankgeschäftes Einzug halten werde, sei noch nicht klar. Dazu brauche es noch diverse Verhandlungen, so Hopfner.

1.579 Mitarbeiter

Die Vorarlberger Raiffeisenbankengruppe beschäftigte im Vorjahr im Ländle 1.579 Mitarbeiter, im Jahr davor waren es 1.631. In 89 Bankstellen werden 250.000 Privatkunden und 19.000 Firmenkunden betreut. Die Gruppe zählt 80.000 Genossenschaftsmitglieder.