Drei Jahre Haft nach Messerattacke

Ein 58-Jähriger ist am Donnerstag in Feldkirch wegen absichtlich schwerer Körperverletzung und versuchter schwerer Nötigung zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Er war des versuchten Mordes angeklagt, weil er einen Mann mit Messerstichen schwer verletzt hatte.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Geschworenen - bis auf eine Ausnahme - sahen in der Tat anders als die Staatsanwaltschaft keinen Mordversuch. Das Urteil am Landesgericht Feldkirch unter Vorsitz von Richter Norbert Melter erging daher wegen absichtlich schwerer Körperverletzung. Als mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten gewertet. Als erschwerend erwies sich, dass mit der Nötigung der Zeugen ein weiteres Delikt hinzukam und dass mehrere Personen unter Druck gesetzt wurden.

Der Angeklagte muss zudem mehr als 9.000 Euro an die Gebietskrankenkasse bezahlen. 5.000 Euro hat der Beschuldigte bereits als Wiedergutmachung an seinen Kontrahenten bezahlt. Weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft gaben eine Erklärung ab. Der Angeklagte selbst versicherte, er werde sich künftig wohl verhalten.

Mehrere Messerstiche

Mehrere Male soll der Angeklagte im April mit einem Messer auf seinen 37-jährigen Kontrahendten eingestochen haben, zudem soll er gegen den Kopf des am Boden liegenden Mannes getreten haben. Danach soll er sein Opfer schwer verletzt liegen gelassen haben. Der Mann schwebte zunächst in Lebensgefahr.

Der aus Tschetschenien stammende Angeklagte, der seit 2004 in Österreich lebt und Asyl erhielt, flüchtete sofort nach der Tat und konnte eine Woche später, rund 400 Kilometer von Vorarlberg entfernt, in Deutschland im Zuge einer Personenkontrolle gefasst werden. Seither sitzt er in Feldkirch in Untersuchungshaft.

Angeklagter bekannte sich nicht schuldig

Der bisher unbescholtene Angeklagte bekannte sich vor Gericht zum Vorwurf des Mordes nicht schuldig. Zu Beginn seiner Aussage berichtete er mithilfe einer Dolmetscherin von seinen Erfahrungen im Tschetschenien-Krieg. Weiters erzählte der Fahrer bei einem Paketdienst, es sei bei dem Streit darum gegangen, die Ehre seiner Familie zu retten: Sein Kontrahent, ein Landsmann, habe ihn beim Arbeitgeber anschwärzen wollen wegen einem Schaden an einem Firmenauto, den er gar nicht verursacht habe. Das habe er in einem Gespräch richtigstellen wollen, damit nicht über ihn Unwahrheiten verbreitet würden.

Sein Kontrahent habe sich aber sofort aggressiv verhalten und ihm einen Schlag gegen die Rippen versetzt, obwohl er wusste, dass eine gebrochen war, so der Angeklagte. Daraufhin habe er unter starken Schmerzen und aufkommenden Kriegserinnerungen sein Messer gezogen, um den Arbeitskollegen auf Abstand zu halten. An die Messerstiche - zweimal in die Brust und einmal in den Oberschenkel - könne er sich nicht erinnern, ebenfalls nicht an Drohungen gegenüber zwei Zeugen.

Gerichtsmediziner: Opfer überlebte mit viel Glück

Ganz anders die Version des Opfers: Diesem zufolge begann der 58-Jährige mit dem Handgemenge. Der Angeklagte habe ihn angegriffen und in der folgenden Rauferei ein Messer gezogen. Er habe zwei Stiche gespürt, stürzte bei einem Abwehrversuch zu Boden, ein weiterer Stich traf sein Bein. Danach habe ihn der 58-Jährige bedroht.

Gerichtsmediziner Peter Rabl sagte beim Prozess zu den Verletzungen, das Opfer habe großes Glück gehabt und habe überhaupt nur überleben können, weil der Notarzt innerhalb weniger Minuten dagewesen sei. Die Lage sei äußerst kritisch gewesen, der Verletzte habe sehr viel Blut verloren, seine Lunge sei kollabiert. Und: Versehentlich hätten diese Verletzungen nicht passiert sein können, sie seien definitiv aktiv gesetzt worden.

Angeklagter soll Zeugen bedroht haben

Vier Männer hatten den Vorfall beobachtet, weil sie sich zufällig auf dem Firmengelände befanden. Einer von ihnen sagte, er habe noch nie so etwas kaltblütiges gesehen. Die Männer wurden auf der Flucht auch vom Angeklagten bedroht: Wenn sie jetzt die Polizei riefen, werde er sie auch noch umbringen.

Begleiter des Angeklagten ändert Aussage plötzlich

Ein 36-jähriger Zeuge, mit dem der Angeklagte nach der Tat im Auto flüchtete, änderte seine bisherigen Aussagen vor Gericht. Noch vor zwei Tagen, als sich der russischsprechende Mann selbst vor Richter Norbert Melter verantworten musste, sowie in seiner polizeilichen Aussage belastete er den Angeklagten schwer. So soll der 58-Jährige den Schwerverletzten angewiesen haben, liegen zu bleiben, „sonst bring ich dich um“.

Am Donnerstag machte er einen Rückzieher und wendete sich laut Richter „um 180 Grad“. Abweichungen schob er auf Verständigungsprobleme. Die Frage des Richters, ob er Angst habe, beantwortete der Mann nicht.