Bürgermeister gegen Durchgriffsrecht

Mit dem geplanten Durchgriffsrecht will der Bund seine Grundstücke als Flüchtlingsquartiere nutzen können, ohne dass die Gemeinde das genehmigt oder das Grundstück entsprechend widmet. In Vorarlberg stellen sich die Bürgermeister dagegen.

Der stellvertretende Gemeinderverbandspräsident, der Klauser Bürgermeister Werner Müller (ÖVP), sagt, man habe keine Freude mit einem Zugriffsrecht. Schließlich handle es sich um einen großen Eingriff in die Autonomie der Gemeinden. Für Müller ist das Vorarlberger Modell ein Vorbild: Hier würden nämlich alle versuchen, die Quote gemeinsam zu erfüllen - und das ohne Druck und Zwang.

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Werner Müller bei „Vorarlberg heute“

Werner Müller, stellvertretender Gemeinderverbandspräsident, warnt im Studiogepräch vor Vorfassungsänderungen wie im „Selbstbedienungsladen“.

Gemeinsame Anstrengungen von Land, Gemeinden, Bund, Caritas und Privaten seien besser, als Zugriffsrechte anzudrohen. Im Sinne der Sache würde man eine Verfassungsänderung quasi zähneknirschend mittragen, der Gemeindeverband habe allerdings eine große Sorge: Welches Verfassungsgesetz nehme sich der Bund als nächstes vor? Die Verfassung sei immerhin die Grundsäule der demokratischen Gesellschaft, und die würden der Beliebigkeit preisgegeben.

Krumbach: Zu wenig Wohnraum

Auch der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) - er ist auch Vizepräsident des Österreichischen Städtebundes - kann derartigen Härtemaßnahmen nichts abgewinnen. Der Bürgermeister der Bregenzerwälder Gemeinde Krumbach, Arnold Hirschbühl, sagt, das Zugriffsrecht des Bundes brauche es nicht. Auf freiwilliger Basis sei das Ziel, Flüchtlinge unterzubringen, besser zu erreichen.

In seiner Gemeinde gebe es zwar noch keinen Flüchtling, es scheitere aber oft am kurzfristig verfügbaren Wohnraum, nicht am Willen der Gemeinden. Es sei schlüssig, so Hirschbühl, dass es pro Gemeinde eine Quote von einem bis eineinhalb Prozent gebe. In Krumbach habe man den Willen und die Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen.

Simma: Gemeindevertretung wird ausgehöhlt

In Au sind derzeit ebenfalls keine Flüchtlinge untergebracht. Bürgermeister Andreas Simma sagt, ein Zugriffsrecht, damit der Bund Umwidmungen treffen könne, würde jede weitere Widmung ad absurdum führen und auch die Kompetenz der Gemeindevertretung aushöhlen.

Der Vandanser Bürgermeister Burkhard Wachter hält nichts vom Zugriffrecht. Der einstige Freiheitliche und jetzt parteifreie Bürgermeister kann aber auch einem Volksbegehren dagegen - wie es FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache durchziehen will - nichts abgewinnen. Damit würden, sagt Wachter, nur Emotionen bei einem sehr sensiblen Thema geschürt. Und indem man das Instrument des Volksbegehrens überstrapaziere, würde dieses entwertet.

Egger: „Undemokratischer Akt“

Nach Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) meldete sich am Dienstag auch Egger zum geplanten Durchgriffsrecht des Bundes auf die Gemeinden zu Wort: „Dass die rot-schwarze Bundesregierung mit Unterstützung der Grünen versucht, die Unterbringungsproblematik durch eine Entmachtung der Länder und Gemeinden zu lösen, gibt aus demokratiepolitischer und föderalistischer Sicht Anlass zur Sorge.“ Dem Landeshauptmann warf er vor, den „undemokratischen Akt“ Wiens in Kauf zu nehmen.

Rauch: Möglichkeit, Druck auszuüben

Ganz anders der grüne Landesrat Johannes Rauch: "Mit dem Durchgriffsrecht ist es gelungen, Anreize zur Bereitstellung menschenwürdiger Quartiere für Flüchtlinge und Schutzbedürftige zu schaffen und Konsequenzen bei Verweigerung durchzusetzen“, so Rauch in einer Aussendung. Er wies darauf hin, dass immerhin 36 Vorarlberger Gemeinden keine Flüchtlinge aufgenommen hätten. Jetzt könne auf säumige Gemeinden - also solche, die eine Quote von 1,5 Prozent nicht erfüllen können - Druck ausgeübt werden.

Landeshauptmann Markus Wallner hatte am Montag Verständnis für die Maßnahme des Bundes gezeigt, allerdings auch sein generelles Unbehagen ausgedrückt. Für Vorarlberg habe das Gesetz derzeit aber ohnehin keine Konsequenzen - mehr dazu in Wallner: „Gemeinden müssen gehört werden“.