Beruhigungsmittel: Anzahl Süchtiger nimmt zu

In Vorarlberg sind geschätzte 5.000 bis 7.000 Menschen süchtig nach Beruhigungs- und Schlafmitteln. Die Folgen der Abhängigkeit sind enorm, Experten fordern ein Umdenken. Im Suchtkrankenhaus Maria Ebene sind 43 Prozent der Patienten von diesen Substanzen abhängig.

Seit Jahren verschreiben immer mehr Ärzte ihren Patienten Beruhigungs- und Schlafmittel: Mehr als 100.000 Packungen werden jährlich in Vorarlberg verkauft, die Tendenz ist steigend. Für Menschen etwa mit starken Krämpfen oder akuten Panikattacken sowie vor Operationen sind die sogenannten Benzodiazepine und Z-Substanzen oft unverzichtbar. Die Medikamente nehmen Ängste, entspannen Muskeln und regen den Schlaf an.

Sehr schwieriger Entzug

Allerdings machen die Beruhigungmittel innerhalb weniger Wochen süchtig, der Entzug ist laut Experten schwieriger als bei anderen Süchten. Die Patienten würden extrem unter innerlicher Unruhe, Panikattacken und Schlafstörungen leiden, sagt Johanna Rohrer, Psychiaterin am Krankenhaus Maria Ebene, im ORF Vorarlberg-Interview.

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Quer durch alle Bevölkerungsschichten

Die Einnahme der Beruhigungsmittel geschehe quer durch alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen, sagt Rohrer. Betroffen sind sowohl Frauen als auch Männer. Die Medikamente sind billig und kosten weniger als die Rezeptgebühr. Häufig werden sie in Spitälern gegeben und dann vom Hausarzt weiterverschrieben.

Auslöser für Demenz?

Auch in Altersheimen werden die Beruhigungsmittel genommen. Laut Untersuchungen würden diese Medikamente in hoher Zahl auch zu Demenz führen, so Reinhard Haller, ärztlicher Leiter des Krankenhauses Maria Ebene, gegenüber dem ORF Vorarlberg. Somit könne möglicherweise die Dauerverschreibung mit Schuld an den steigenden Demenzfällen sein.

Auch die häufigen Stürze von alten Menschen könnten darauf zurückgeführt werden, da sie durch die Beruhigungsmittel benommen und beeinträchtigt sind, sagt Haller. Die Folgekosten sind enorm.

Bezahlung von ärztlichen Beratungsgesprächen

Der Fehler liege im System, so Haller. Es müsste bei der ärztlichen Entlohnung auch die Beratungszeit bezahlt werden, nicht nur das Rezept. Ein ärztliche Gespräch wäre oft sinnvoller, aber das werde von den Krankenkassen nicht abgegolten. Zudem hätten die Mediziner in Zeiten des Ärztemangels oft auch gar keine Zeit dafür.

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