Gewerkschaft befürchtet Lohndruck

Erste Unternehmen in der Schweiz sprechen von Lohnsenkungen wegen drohender Exportverluste aufgrund des starken Schweizer Frankens. Schweizer Gewerkschaften befürchten Lohnkürzungen für Grenzgänger. Schweizer Banken gingen die Euro-Noten aus.

Schweizer Gewerkschaften befürchten nach dem Fall der Wechselkursbindung, die Unternehmen könnten nun die Löhne senken, vor allem bei Grenzgängern. Die Hauptsorge gelte den Arbeitsplätzen, so Pierluigi Fedele, Leiter des Sektors Industrie bei der Unia, am Freitag auf Anfrage der sda. Es bestehe aber auch die Gefahr, dass die Löhne unter Druck kämen.

Unternehmen fassen Lohnkürzungen ins Auge

Die Industriegruppe Dixi fasse die Lohnsenkung beispielsweise ins Auge: Sie erwäge, die Löhne der Grenzgänger um 10 bis 15 Prozent zu senken, wie Direktor Pierre Castella am Donnerstag dem Westschweizer Fernsehen RTS sagte.

Mehr als die Lohnfrage beunruhigt den Verbund Europäischer Grenzgänger (GTE) jedoch zurzeit die Zukunft der Schweizer Wirtschaft und der Arbeitsplätze, wie GTE-Generalsekretär Jean-Francois Besson sagte. Im ersten Moment gehörten die Grenzgänger zu den Gewinnern: Sie profitierten am Donnerstag von einem „Mitnahmeeffekt“, wie Besson sagte. Ihre Kaufkraft erhöhte sich innerhalb weniger Minuten um 15 Prozent. Doch bleibe abzuwarten, wie sich der Wechselkurs in den kommenden Wochen entwickle, sagte Besson. Er befürchtet zudem, dass sich die Ressentiments gegenüber den Grenzgängern verstärken könnten.

Kündigung verstieß gegen EU-Abkommen

Vor Einführung des Euro-Mindestkurses im September 2011 hatten mehrere Firmen die Löhne von Grenzgängern gesenkt. Das Basler Fördertechnik-Unternehmen Stöcklin musste 2012 allerdings sechs Grenzgängern eine Entschädigung zahlen. Stöcklin hatte die Grenzgänger gekündigt, weil sie eine Lohnsenkung nicht akzeptiert hatten. Dagegen klagten die Grenzgänger und erhielten Recht. Gemäß dem Urteil wurden die Grenzgänger gegenüber den Schweizer Arbeitnehmern diskriminiert. Das Gericht stellte einen Verstoß gegen das Freizügigkeitsabkommen fest.

Arbeitsplätze hängen vom Export ab

Jeder zweite Arbeitsplatz im St. Galler Rheintal sei in der Industrie und im produzierenden Gewerbe. Unter den zahlreichen Arbeitnehmern sind rund 8.000 Grenzgänger aus Vorarlberg. In Liechtenstein arbeiten weitere 8.000. Sie sind in Unternehmen beschäftigt, die zu 70 Prozent in die EU exportieren. Die Auswirkungen der Entscheidung der Nationalbank hängen nun davon ab, wie sich der Frankenkurs weiter entwickelt, sagt Kurt Weigelt von der Handelskammer St.Gallen. Wenn der Frankenkurs nicht nachgebe, würde der hohe Kostendruck zu massiven Nachtteilen für den Standort Ostschweiz führen. Unsere Preise sind über Nacht um 20 Prozent gestiegen, so Weigelt.

Schweizer Banken gehen Euro-Noten aus

In der Schweiz hat sich die Nachfrage nach Euro-Banknoten sprunghaft erhöht. Vor allem grenznahen Banken wie der Thurgauer Kantonalbank (TKB) gingen die Euro-Scheine aus. Teilweise wurden sie rationiert, berichtet die APA. Schweizer Verbraucher wollen offensichtlich am Wochenende in Scharen nach Deutschland und Österreich zum Einkaufen, heißt es, da da es dort wegen des schwächeren Euro für sie nun billiger geworden ist.

Die Kantonalbank von Basel Land wechselt nur noch für bestehende Kunden Franken gegen Euro. „Die Menge der verfügbaren Euro-Noten ist aktuell beschränkt“, teilte die Bank auf ihrer Internet-Seite mit. Es könnten nur noch 1.000 Euro pro Kunde und Tag verkauft werden. Geldautomaten würden derzeit nicht mit Euro nachgefüllt.

Wirtschaftskammer erwartet Abschwächung

Aus Vorarlberger Sicht ist die Schweiz der zweitwichtigste Handelspartner. Im ersten Halbjahr 2014 wurden nach Angaben der Wirtschaftskammer Waren im Wert von 580 Millionen Euro exportiert. Diese werden für die Abnehmer in der Schweiz günstiger. Vorarlberg seinerseits hat aus der Schweiz im selben Zeitraum Waren für 450 Millionen Euro eingeführt. Die Wirtschaftskammer erwartet, dass der Franken wieder spürbar an Stärke verliert.

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