15 Prozent mehr Schulden bei Frankenkrediten

Die Schweizer Notenbank hat den Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgegeben. Die überraschende Franken-Aufwertung sei schwierig für Häuslebauer, aber gut für Tourismus und Handel in Vorarlberg. Am Donnerstag lag der Kurs bei etwa 1:1.

In Vorarlberg sorgte die Aufhebung des Euro-Franken-Mindestkurses wie überall für eine „Bombenüberraschung“, wie es Bankensprecher Wilfried Hopfner formulierte. Dass es dazu gekommen ist, liege vermutlich daran, dass der Franken nach wie vor angesichts von globalen Krisen als Fluchtwährung genützt werde.

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Die Verteuerung der Franken-Kredite durch einen starken Franken treffe nun „den typischen Häuslebauer“. Er muss mehr Euro aufwenden, um den Frankenkredit zurückzuzahlen. Von einer Stunde auf die nächste stiegen am Donnerstag die Schulden der Franken-Kreditnehmer um 15 Prozent an, sagte Hopfner. Wie viel am Ende zurückzuzahlen sei, werde man sehen. Diesbezüglich müsse man abwarten, wie sich der Franken-Kurs entwickle. Dass dadurch viele Kreditnehmer existenziell bedroht sein könnten, glaubt Hopfner allerdings nicht. Es gebe nicht mehr so viele wie vor Jahren.

Stopp-Loss-Limits mit Ungewissheiten

Für manche Kunden seien auch die Stop-Loss-Limits ausgelöst worden, welcher Kurs für diese Personen dann wirklich zutreffend sei, wisse man heute noch nicht. Hopfner vermutet, bei 1:1 werde der Kurs zwischen Euro und Franken nicht bleiben. Er könnte sich wieder Richtung bisheriger Mindestgrenze bewegen, aber darunter bleiben.

Nach Angaben der Finanzmarktaufsicht (FMA) haften derzeit österreichweit Fremdwährungskredite in Höhe von 29,5 Mrd. Euro aus. Welches Volumen auf Vorarlberg entfällt, konnte Hopfner am Donnerstag ad hoc nicht angeben, vor einem Jahr waren es noch etwa 3,4 Mrd. Euro, so Hopfner gegenüber der APA. Viele der privaten Fremdwährungskredite und auch von Kommunen seien in den vergangenen Jahren zum Teil oder gänzlich konvertiert oder von endfällig auf tilgend umgestellt worden.

Tourismus rechnet mit Vorteil

Für die Vorarlberger Touristiker war die Aufhebung des Franken-Mindestkurses hingegen ein Grund zur Freude. Zum einen wird das Ländle für Schweizer Urlauber noch attraktiver, zum anderen wird der teure Franken EU-Bürger von einem Urlaub in der Schweiz abhalten. „Beides könnte sich für Vorarlberg als vorteilhaft erweisen“, betonte Vorarlberg-Tourismus-Geschäftsführer Christian Schützinger gegenüber der APA.

Starke Auswirkungen auf die laufende Wintersaison werde der Frankenkurs aber wahrscheinlich nicht bringen. Die meisten hätten ihren Urlaub bereits geplant. Allerdings erwartet Schützinger steigende Zahlen im Sommertourismus. Betreffen werde das vor allem die Ausgaben der Schweizer Gäste am Urlaubsort. „Profitieren werden deshalb auch mehr die Beherbergungs- und Verpflegungsbetriebe der höheren Kategorien“, so Schützinger. Rund zehn Prozent der Vorarlberger Gäste kommen aus der Schweiz.

Risiken für Tourismusunternehmen

Die neue Wechselkursparität birgt aber auch Risiken, so der Sprecher der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Martin Stanits. Zwar könne man mit mehr Gästen rechnen, aber „wir müssen abwarten, wie sich das auf die Finanzierung der Betriebe auswirkt“. Konkret gehe es darum, in welchem Ausmaß die Unternehmen Kredite in Schweizer Franken laufen hätten. Daher sei man sehr vorsichtig in der Bewertung der neuen Situation.

Erwartungen im Handel

Bei Burkhard Dünser, Geschäftsführer des Einkaufszentrums „Messepark“ in Dornbirn, meint, einerseits werde der Handel in Vorarlberg kurzfristig noch mehr vom Frankenkurs profitieren. Allerdings machten die Schweizer Kunden schon jetzt etwa 20 Prozent des Messepark-Umsatzes von 180,9 Mio. Euro (2013) aus.

Andererseits beurteile er persönlich die Entwicklung als „ungesund“. Dünser glaubt, dass die Schweizer Wirtschaft mit diesem Kurs mittelfristig Schaden nehmen werde und Arbeitsplätze verloren gingen - was auch Vorarlberg mit seinen insgesamt rund 16.000 Grenzgängern ( je 8.000 in der Schweiz und in Liechtenstein) spüren würde.

Folgen für Exporteure

Die Schweiz ist nach Deutschland das zweitwichtigste Exportland für Vorarlbergs Betriebe. Im ersten Halbjahr 2014 führten Vorarlberger Betriebe Waren im Wert von über 500 Millionen Euro in die Schweiz aus. Ob die Exporteure vom neuen Franken-Euro-Kurs profitieren werden, hängt davon ab, in welcher Währung abgerechnet werde, so Herbert Motter, Pressesprecher der Wirtschaftskammer.

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ORF-Schweiz Korrespondentin Raphaela Stefandl berichtet von Reaktionen aus der grenznahen Schweiz.

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