Fremdwährungskredite: Wegweisendes Urteil

Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) erweitert die Haftung von Banken, Vermögensberatungsfirmen und deren Beratern bei Fremdwährungskrediten. Anlass war ein Fall, den eine Feldkircher Rechtsanwaltskanzlei eingeleitet hatte.

Fremdwährungskredite waren in den letzten Jahrzehnten gerade in Vorarlberg sehr beliebt. Schwierigkeiten zeigten sich, als sich etwa der Franken-Kurs negativ auswirkte. Ein neues Urteil des Obersten Gerichtshofs lässt nun viele Fremdwährungskreditnehmer aber aufhorchen: Der OGH kam in dem Fall, den eine Feldkircher Anwaltskanzlei eingeleitet hatte, zu folgendem Schluss: Die Haftung kann selbst dann greifen, wenn der Kreditnehmer Haftungsklauseln unterschrieben hatte.

Im konkreten Fall werden die Bank in Bludenz, die Vermögensberatungsfirma und deren Beraterin für alle Schäden haften, die der Kreditnehmerin künftig durch den Kredit entstehen. Rechtsanwalt Hans-Jörg Vogl rechnet damit, dass nun auf Banken weitere Prozesse zukommen.

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Im Video zu sehen: Veronika Altun-Wasle, Tanja Moosbrugger (Rechtsanwaltskanzlei Vogl), Hans-Jörg Vogl (Rechtsanwalt, Feldkirch); Beitrag von Georg Fabjan, Götz Wagner, Ingo Hammerer

„Über Risiken nie gesprochen“

Konkret geht es um den Fall von Veronika Altun-Wasle. Sie hatte sich eine Wohnung gekauft und zunächst Kredite vom Land und einer Bausparkasse zurückgezahlt, bis eine Vermögensberaterin ihr dringend dazu riet, einen Fremdwährungskredit aufzunehmen. Ihr sei nie ganz klar gewesen, was das bedeute, denn über Risiken sei nie gesprochen worden, erklärte Altun-Wasle gegenüber dem ORF Vorarlberg. Man habe ihr lediglich gesagt, sie erspare sich 300 bis 400 Euro pro Monat.

Umschuldung in Yen trotz Unsicherheit der Kundin

Als die Zinsbelastung durch den Franken-Kredit zu groß wurde, lud man die Hausfrau und Mutter von drei Kindern noch einmal zur Bank, um auf japanische Yen umzusteigen. Wie Altun-Wasle schildert, habe sie bei der Bank nachgefragt, ob das wirklich der richtige Schritt sei. Sie selbst verstehe nämlich eigentlich nicht, was man da mache. Innerhalb einer Viertelstunde sei dann die Umschuldung auf Yen erfolgt.

Schulden von mehreren 100.000 Euro

Bald darauf wurde klar, dass der Schuldenberg immer größer wird, obwohl Altun-Wasle bereits 60.000 Euro zurückgezahlt hatte. Ihre Feldkircher Anwältin Tanja Moosbrugger erläutert, dass Altun-Wasle seit der Umschuldung nicht nur 500 Euro Zinsen pro Monat bezahlt hatte, sondern auch ihr Schuldenberg um rund 100.000 Euro angewachsen sei. Moosbrugger geht aufgrund der Yen-Entwicklung in den letzten Jahren davon aus, dass die Schulden noch höher werden und ihrer Mandantin ein Schaden von mehreren 100.000 Euro entstehen wird.

OGH spricht von „Harakiri-Paket“

Nach vier Jahren Rechtsstreit kann Altun-Wasle nun aufatmen: Denn der OGH spricht in seinem Urteil von einem „Harakiri-Paket“ und stellte fest, dass die Bludenzer Bank, die Vermögensberatungsfirma und die Beraterin in Zukunft für Schäden und Nachteile, die Altun-Wasle durch den Fremdwährungskredit entstehen, haften müssen.

Und das, obwohl Altun-Wasle Haftungsklauseln unterschrieben hatte. Laut Anwältin Moosbrugger hatte ihre Mandantin innerhalb einer halben Stunde eine Vielzahl von Formularen unterschrieben, die ihr weder vorgelesen noch erklärt wurden. Vor Gericht sei ihr geglaubt worden, dass keine Aufklärung erfolgt ist, obwohl sie schriftliche Aufklärungsformulare unterschrieben hatte.

Weiterhin verpflichtet ist Altun-Wasle jedoch, ihren Fremdwährungskredit rund 20 Jahre lang zurückzuzahlen.

Rechtsanwalt Vogl: Bahnbrechendes Urteil

Das OGH-Urteil ist das erste dieser Art, sagt der Feldkircher Rechtsanwalt Vogl. Es sei bahnbrechend, denn in dieser Klarheit habe der OGH noch nie ausgesprochen, dass die Bank und die Vermögensberatungsfirma haften. Bereits dann, wenn die Bank erkenne, dass sich der Kunde unsicher fühle, müsse sie ihn aufklären - auch wenn der Kunde einen weiteren externen Berater habe.

Laut Vogl wären die Banken gut beraten, wenn sie jetzt Vorkehrungen träfen, um die Schadenersatzforderungen, die auf sie zukommen könnten, auch erfüllen zu können. Vogl rechnet damit, dass die Banken weitere Prozesse verlieren werden und er sagt, genau das mache Fremdwährungskreditnehmern Hoffnung.

Bankensprecher erwartet keine Flut an Klagen

Der Vorarlberger Bankensprecher Wilfried Hopfner rechnet indes nicht damit, dass das Urteil zu einer Flut an Klagen führen könnte. Hopfer, der am Donnerstag Studiogast in der Sendung „Vorarlberg heute“ war, erklärte im Interview mit Daniel Rein, dass im Fall von Veronika Altun-Wasle einige Fehler passiert seien. Man könne das aber nicht verallgemeinern.

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Video: Bankensprecher Wilfried Hopfner im „Vorarlberg heute“-Interview mit Daniel Rein

Generell, so Hopfner, seien Fremdwährungskredite einfach Produkte, die viele Risiken, aber auch Chancen beinhalten. Die Banken hätten sehr lange immer wieder darauf hingewiesen und davor gewarnt. Die öffentliche Meinung habe sich jedoch trotzdem in die Richtung gewandelt, dass Franken-Kredite als hochinteressant eingestuft worden seien. Solche Kredite seien viele Kunden auf eigenen Wunsch eingegangen. Klare Richtlinie in allen Banken sei aber, dass ein Fremdwährungskredit eine objektive und umfassende Beratung darüber beinhalte, welche Chancen und Risiken solch ein Produkt in sich berge.

Laut Hopfner beraten die Banken in Vorarlberg ihre Kunden auch schon lange darüber, wie das Risiko solcher Fremdwährungskredite reduziert werden könne. Das führe in einigen Fällen zu Teilkonvertierungen, vor allem aber zu einer ratierlichen Umstellung der Kredite.