Genossenschaftsboom in Vorarlberg

Die im 19. Jahrhundert entstandene Unternehmensform der Genossenschaft erlebt einen neuen Aufschwung in Vorarlberg. Ein Grund für den Boom sei, dass sich die Menschen wieder auf regionale Werte besinnen, so die Experten.

Laut Firmenbuchabteilung des Justizministeriums ist die Zahl der eingetragenen Genossenschaften in Vorarlberg in den letzten vier Jahren von 115 auf aktuell 121 gestiegen. Die Wirtschaftsbereiche, die bereits genossenschaftliche organisiert sind, reichen von Carsharing über Bioläden, Brauereien, Tourismus und Energie bis zu Einkaufsplattformen und Gemeindeprojekten.

Regionale Werte werden wieder wichtiger

25 Prozent der in Vorarlberg eingetragenen Genossenschaften sind in den vergangenen knapp zehn Jahren gegründet worden - also etwa seit der letzten großen Wirtschaftskrise. Laut Anwalt Nikolaus Schertler liegt der Grund darin, dass man das Vertrauen in internationale Konzerne verloren habe und sich wieder auf regionale Werte besinne. Genossenschaft habe aber auch mit Identifikation zu tun: Jedes Genossenschafts-Mitglied sei Besitzer und damit Teil des Ganzen - was in der heutigen Zeit immer gefragter werde, so Schertler.

Eine „urdemokratische“ Firmen-Konstruktion

Dass ausgerechnet Genossenschaften und nicht andere Firmen-Konstruktionen im Trend liegen, hat laut Jürgen Kessler, Vorstand der Raiffeisen-Landesbank, auch mit deren Struktur zu tun: Die Genossenschaft sei eine urdemokratische Form mit dem Prinzip der Selbstverwaltung. Eine Genossenschaft werde von einem Vorstand geführt und von einem Aufsichtsrat überwacht, deren Mitglieder aus der Genossenschaft kommen. Dies wird meist ehrenamtlich übernommen, ähnlich wie bei einem Verein, so Kessler.

Gelungenes Beispiel in Riefensberg

Als ein gelungenes Beispiel nennt Kessler das Wirtshaus Bartle in Riefensberg. Der Vorbesitzer ging in Pension, der Bevölkerung drohte der Mittags-Tisch abhanden zu kommen. Also gründeten die Einwohner mit Hilfe der Gemeinde eine Wirtshaus-Genossenschaft. Die Mitglieder zahlten einige Hundert Euro für einen Genossenschafts-Anteil, mit den insgesamt 250.000 Euro wurde das Gasthaus saniert, es fand sich ein Wirt und es kommt wieder Essen auf den Tisch - in einem Wirtshaus, das heute genossenschaftlich einem Großteil der Bevölkerung gehört.

Aber auch bei größeren Gemeindeprojekten würden Genossenschaften immer beliebter, erklärt Kessler. Dafür infrage kommen laut Kessler Projekte für Industrie- und Betriebsgebiete, Wohnbau, Infrastruktur und vieles mehr.

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