Ausstellung zeigt Spätwerk von Matisse

Das Stadtmuseum Lindau zeigt in der Sonderausstellung „Matisse: Variation - Improvisation“ vom 5. April bis 31. August 2014 das Mappenwerk „Jazz“ des französischen Malers, Grafikers und Bildhauers Henri Matisse (1869 – 1954). Die Werke produzierte der Künstler mit der Schere.

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Im Video zu sehen: Roland Doschka (Kurator), Alexander Warmbrunn (Leiter des Kulturamts in Lindau); Beitrag von Tarja Prüss, Elmar Schrottenbaum, Klaus Feurstein

Sendungshinweis:

„Kultur nach 6“, 2.4.2014

Henri Matisse gehört als Wegbereiter und Hauptvertreter des Fauvismus, jener ersten Avantgarde-Bewegung des 20. Jahrhunderts, zu den prägenden Künstlerpersönlichkeiten der Klassischen Moderne. Im Zentrum der Lindauer Ausstellung steht mit den 20 Blättern der berühmten Mappe „Jazz“ jedoch sein Spätwerk. Ihnen sind einleitend ausgewählte Originale aus verschiedenen Werkphasen vorangestellt, die das zeichnerische Schaffen des Künstlers beleuchten. Sie führen die Ausstellungsbesucher hin zur Arbeit des späten Matisse, in der sein Werk sich vollendete.

„Kultur nach 6“-Beitrag über die Sonderausstellung

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Audio: Beitrag von ORF-Redakteurin Tarja Prüss

Ausstellung: "Matisse: Variation - Improvisation“

  • Wo: Stadtmuseum Lindau; Marktplatz 6, Lindau
  • Öffnungszeiten: Mo-So, 10.00 bis 18.00 Uhr
  • Öffentliche Führungen: Mo-So, 10.30 Uhr und 14.00 Uhr sowie nach Bedarf
  • Gruppenführungen: nach Vereinbarung; Tel. +49 (0) 8382 – 26 00 33; museum@kultur-lindau.de
  • Öffentliche Kinderführungen: Jeden ersten Samstag im Monat um 11.00 Uhr

Die Erfindung der „gouache découpée“

Die große Innovation in Matisse‘ Alterswerk war die Erfindung der „gouache découpée“, einer unkonventionellen Scherenschnitttechnik, die auch den Entwürfen für die Mappe „Jazz“ zugrunde liegt. Krankheitsbedingt war es Matisse nicht mehr möglich, mit dem Pinsel zu malen. Deshalb ließ er sich, so erklärt der Lindauer Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn, Scheren an die Gelenke binden. Von seinen Gehilfen ließ er sich große Papierbögen mit leuchtenden Gouache-Farben kolorieren und schnitt aus diesen mit der Schere freihändig einzelne Formen und Figuren aus, die anschließend nach seinen Vorgaben zu mitunter monumentalen Collagen zusammengefügt wurden.

Obgleich bereits über 70 Jahre alt und von Krankheit gezeichnet, war Matisse von ungebrochener Lebensfreude und unbändigem Schaffensdrang beseelt: Florale Ornamente, Akanthus-Blätter, Früchte, Algen und Mollusken, Sterne, Gräser, Vögel breiteten sich an den Wänden seines Ateliers aus und beherrschten fortan seine Bildwelt.

Kulturamtsleiter Warmbrunn im Interview

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Audio: der Lindauer Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn im Interview mit ORF-Redakteurin Tarja Prüss

Hymnus auf das Leben

Erst in den nach seiner Erkrankung entstandenen Arbeiten zeige sich sein „wahres“, sein „freies, befreites Selbst“, bekannte Matisse. Frei im Geist und frei in der Kunst schuf er „Jazz“ aus, wie er selbst bekannte, „kristallisierten Erinnerungen an den Zirkus, an Volksmärchen oder an Reisen“.

1943 hatte er 74-jährig mit der Arbeit an der Suite begonnen und aus farbenfrohen rhythmischen Zeichen einen rauschhaften Hymnus auf das Leben komponiert. Die Bedeutung von Improvisation und Variation rückt Matisse‘ künstlerischen Gestaltungsprozess dabei durchaus in die Nähe der namengebenden Musikform, wie der Pariser Verleger Tériade erkannte, der daraufhin den Titel für die Bildserie vorschlug. Tériade reproduzierte den Zyklus 1947 in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler.

Neben dem eigentlichen Künstlerbuch mit handschriftlich ergänzten Texten von Matisse erschien eine geringere Auflage ungebundener Mappen, die nur die zwanzig Bildtafeln, nicht jedoch den begleitenden Text enthielten. Eines dieser seltenen und gesuchten Druckwerke ist in Lindau ausgestellt.

Brillante Farbwiedergabe

Die brillante Farbwiedergabe ermöglichte die sogenannte Pochoir-Technik, ein äußerst aufwändiges und kompliziertes Druckverfahren mit einzelnen Schablonen für jede Farbe und Form. Diese mussten vor jedem Druckdurchlauf jeweils separat von Hand eingefärbt werden. Somit stellt im Endergebnis jeder Druck ein handgefertigtes Unikat dar, auch wenn es sich um Reproduktionen der Originalvorlagen handelt.

Laut Warmbrunn ist der Zyklus, der in Lindau gezeigt wird, in dem vom Künstler beabsichtigen Zustand - so, wie er ihn 1947 geschaffen hat: „Sie werden wohl kaum einen Zyklus sehen, der noch diese Farbintensität hat“, so Warmbrunn.