Hochstapler brachte es bis zum Oberarzt
Mehrere Anstellungen als Psychiater hat Postel in den 1980er und 1990er Jahren in Deutschland erhalten, obwohl er nie ein facheinschlägiges Studium absolviert hat. Mitte der 1990er-Jahre schaffte er es gar, Oberarzt in einer Klinik zu werden. Er setzte sich damals in einem Bewerbungsprozess gegen 38 Mitbewerber durch, wie er im „Vorarlberg heute“-Studiogespräch erzählte.
Gespräch mit Gert Postel, AMA-Forum
Gert Postel, Hauptreferent des AMA-Forums, ist zu Gast bei „Vorarlberg heute“.
Mit Leerformeln zum Oberarzt
Das gelang dem Hochstapler, indem er vor der Berufungskommission einen Vortrag zur „pseudologia fantasica“ am literarischen Beispiel der Figur des Felix Krull hielt, eine Romanfigur, die vom deutschen Literaturnobelpreisträger Thomas Mann geschaffen wurde. Ebenso inhaltsleer seine Angaben über seine Dissertation: „kognitiv induzierte Verzerrungen in der stereotypen Urteilsbildung“ - eine bloße Aneinanderreihung leerer Begriffe, wie er selbst sagt.

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Gert Postel
Die Stelle erhielt er trotzdem. „Und wenn sie sowas erleben, dann verlieren sie eigentlich ein bisschen die Achtung vor dem Berufsstand“, sagte Postel am Mittwoch. Überhaupt seien Geisteswissenschaften für Hochstapelei dieser Art anfällig: „In der Psychiatrie können sie alles beweisen und diagnostizieren und auch das Gegenteil und das Gegenteil vom Gegenteil.“
Postel: Menschen sind manipulierbar
Postel flog schließlich auf und wurde wegen mehrfachen Betruges, Urkundenfälschung, Täuschung und Missbrauchs von akademischen Titeln zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nach seiner frühzeitigen Entlassung schrieb er seine Erfahrungen in einem Buch nieder und hält mittlerweile Vorträge zu Themen wie „Schwafelkunst und Kommunikation“. Am Mittwoch war er auch beim AMA-Forum in Feldkirch zu Gast - mehr dazu in AMA-Forum widmete sich Zukunft des Marketings.
Auch in der Werbung gelte: Wer sein Produkt am besten verkauft, gewinnt. Und zwar deswegen, weil Menschen „keine Datenverarbeitungsanlagen“ seien, sondern „emotionale Felder“. Damit seien sie auch sehr offen für Manipulationen - wiewohl es dafür auch Grenzen gebe. Negative Vorurteile könne man beispielsweise nicht manipulieren - und auch nicht ideelle Beziehungen wie Freundschaften.